Donnerstag, 29. Januar 2015
Nürnberg
Schon im Vorfeld war abzusehen, dass die Spielwarenmesse in Nürnberg in diesem Jahr wieder zahlreiche Rekorde brechen würde. Nicht nur die Anzahl der Aussteller erreichte mit über 2800 einen neuen Höchststand, auch die Auswahl der präsentierten Produkte war mit einer guten Million schon rekordverdächtig. Davon ließ ich mich jedoch nicht irritieren und hatte mir vorgenommen nicht, wie in den Vorjahren, eher planlos durch die Hallen zu laufen, sondern mich auf meine Kernkompetenz, also den Brettspielsektor, zu konzentrieren. Einen groben Überblick hatte ich schon, welche Spiele ich mir unbedingt anschauen wollte, und ansonsten würde ich bei den üblichen Verlagen vorbei schauen und mich einfach überraschen lassen, welche Veröffentlichungen in den nächsten Wochen und Monaten anstanden. Nur ein Tag auf einer Messe dieser Größenordnung macht es dabei fast unmöglich, sich intensiver mit den einzelnen Produkten auseinander zu setzen, dennoch wollte ich versuchen, so viele Eindrücke wie möglich aus den zwölf Messehallen zu sammeln und zumindest einige Spiele genauer unter die Lupe zu nehmen.

Erstaunlicherweise kam ich wohlbehalten und immer noch pünktlich auf dem Nürnberger Hauptbahnhof an und auch die nächste S-Bahn in Richtung der Messehallen schien nur auf mich gewartet zu haben. Schließlich stand ich nur wenige Minuten nach 9 Uhr im Eingangsbereich der Halle 11 und versuchte mich an meinen Plan zu erinnern, den ich noch am Vortag gehabt hatte. Der erste Weg sollte zum Pressezentrum führen, da ich mir dort nach Möglichkeit ein Schließfach und einen Garderobenplatz sichern wollte, um relativ unbelastet über die Messe schlendern zu können. Allerdings musste ich dafür die komplette Anlage durchqueren, was aber durch verschiedene Seitengänge und Freigelände kein übermäßig großes Problem darstellte. Nachdem ich mein Gepäck einigermaßen sicher verstaut und mir ein kleines zweites Frühstück gegönnt hatte, startete ich zur ersten Runde.

Ich war erst eine Stunde auf der Messe, doch schon bereute ich es, keinen Trolley mitgenommen zu haben. Die zahlreichen Prospekte, die ich im Vorbeigehen gesammelt hatte, um sie mir später in Ruhe und ausführlich anschauen zu können, wogen erstaunlich schwer und entwickelten sich schon jetzt zur Belastung. Dennoch setzte ich tapfer meinen Weg durch die Hallen 8 und 9 fort, ohne mich dort größer bei Feuerwerk, Luftballons und Faschingsverkleidungen aufzuhalten. Lediglich bei Maskworld legte ich noch einen kurzen Zwischenstopp ein um mir einige der spektakulären neuen Masken und Kostüme anzuschauen und einen Blick auf deren eindrucksvolle Sammlung von LARP-Ausrüstungen zu werfen. Nach diesem kurzen Intermezzo hatte ich es tatsächlich in die Halle 10 geschafft, wo sich auf zwei Stockwerken ein Großteil der hier ausstellenden Brettspielverlage tummelten. Wieder mit einem prominenten Eckstand vertreten waren Kosmos, die auch reichlich Neuheiten im Gepäck hatten.


Auch einigen der Verlage im ersten Stock der Halle wollte ich einen Besuch abstatten, bevor die Last in meinem Rucksack mich zum Umkehren zwingen würde. Direkt am Treppenaufgang hatten Schmidt Spiele ihren Stand aufgebaut und obwohl sich viele Spiele des Verlags an eine eher jüngere Zielgruppe richten, schaue ich mir doch ganz gerne das Programm an. Hier fiel mir, dank der großartigen Illustrationen, vor allem Bad Bunnies auf, ein eher unkompliziertes Spiel, bei dem die Spieler versuchen ihre Karten abzulegen. Direkt daneben konnte auch die Kartenversion des erfolgreichen Legespiels Qwirkle angetestet werden, was ich persönlich allerdings nicht sonderlich spannend fand. Auch Amigo hatten einige frische Spiele aufgebaut und das freundliche Standpersonal nahm sich die Zeit, mir meine Fragen zu beantworten. Zugegebenermaßen bin ich ein großer Fan des ausgesprochen kommunikativen Tauschspiels Bohnanza, und damit in Zukunft auch neue Spieler nachwachsen können landet demnächst Mein erstes Bohnanza im Spielwarenhandel. Mit vereinfachten, auf Kinder zugeschnittenen, Regeln und neuem, possierlichen Artwork, soll es Kindern ab vier Jahren die Bohnenernte näher bringen. Nach einem recht kurzen Blick auf die anderen Spiele ging meine Tour weiter zu Queen Games direkt gegenüber, die in diesem Jahr ihren Fokus wieder mehr auf die Aufbau- und Strategiespiele legten. So mischen die Spieler bei Parfum wohlriechende Essenzen miteinander, treiben in Neptun lukrativen Handel im Mittelmeerraum oder übernehmen als Queen's Architect zahlreiche Baumaßnahmen im Königreich. Wer es etwas rustikaler mag, kann als Magier auch beim Tower-Defense-Spiel Orcs Orcs Orcs Jagd auf die Grünhäute machen, die langsam aber sicher auf einen Turm zurücken um diesen dem Erdboden gleich zu machen. Leider ergab sich für mich nicht die Gelegenheit, näher auf die einzelnen Spiele einzugehen, da das Standpersonal alle Hände voll zu tun hatte. Aber ich bin mir sicher, dass sich im Lauf des Jahres noch die Gelegenheit ergeben wird, einige der Neuheiten anzutesten. Direkt nebenan, bei Abacus Spiele, interessierten mich vor allem die Neuheiten für das Bluff- und Wissenskartenspiel Anno Domini. Ich habe schon zahlreiche Ableger dieser Serie und mit Bern sowie Wissenschaft + Forschung sind zwei weitere Themengebiete hinzu gekommen bei denen die Spieler historische Ereignisse richtig einordnen müssen. Ebenfalls neu ist das Spiel Royals bei dem mehrere Adelsfamilien im 17. Jahrhundert um Macht und Einfluss in Europa ringen. Thematisch und optisch sehr schön umgesetzt, dürfte es wohl auch demnächst den Weg in meine Sammlung finden. Sehr gerne schaue ich immer wieder bei Asmodee vorbei, deren Portfolio in den letzten Jahren beständig gewachsen ist und die sich heimlich zu einem der größten europäischen Spieleverlage entwickelt haben.
Hier haben es mir vor allem die opulent ausgestatteten Brettspiele angetan, allen voran das eindrucksvolle, aber nicht ganz einfache Hyperborea, bei dem die Spieler einen Kontinent besiedeln, Technologien erforschen und die Mitspieler bekämpfen müssen. Direkt nebenan war Arcadia Quest zu bewundern, bei dem jeder Spieler drei niedliche Fantasy-Helden in Chibi-Optik gegeneinander oder in einer Kampagne gegen die Monster auf dem Spielfeld antreten lässt. Daneben gab es noch eine ganze Reihe anderer Spiele und zahlreiche Verlage zu sehen, aber meine Aufnahmefähigkeit war auf einem Tiefpunkt angelangt und so beschränkte ich mich auf kurze Seitenblicke und die unvermeidlichen Kataloge, während ich mich auf den langen Weg in Richtung des Pressezentrums machte um mir eine kleine Pause zu gönnen.
Dort angekommen, war ich froh, dass ich die zwei, mittlerweile recht schweren, Beutel mit Prospekten und Informationsmaterial ablegen konnte. Betrachtete ich den ganzen Haufen Papier der sich dort stapelte, so graute es mir schon vor dem Heimweg, doch ich wollte eigentlich auf keinen Katalog verzichten, konnte ich mir so doch später einen detaillierten Überblick über die Messe, und auch die vielen Dinge die ich verpasst hatte, verschaffen. Zum jetzigen Zeitpunkt hatte ich jedoch das Bedürfnis ganz dringend ein paar Minuten die Füße hochzulegen, mir ein koffeinhaltiges Kaltgetränk zu gönnen und ein wenig im Messekatalog zu blättern. Ich hatte Pegasus Spiele nicht an ihrem gewohnten Standort in Halle 10 gefunden und so durchsuchte ich die Verzeichnisse bis ich schließlich in Halle 11 fündig wurde, wo die Friedberger einen recht luxuriös ausgestatteten Bereich bezogen hatten. Nachdem ich mich ein wenig erholt und meine bisherige Beute sicher verstaut hatte, machte ich mich auf zur zweiten Runde über die Messe, wobei ich dieses Mal einen anderen Weg wählte.
An Halle 4A konnte ich nicht vorbei gehen, ohne zumindest einen kurzen Blick auf die großartigen Modelleisenbahnanlagen zu werfen, die so namhafte Hersteller Faller, Märklin oder Noch aufgebaut hatten. Mit Eisenbahnen selbst kann ich zwar nicht viel anfangen, jedoch weiß ich naturgetreues und detailliert gebautes Gelände durchaus zu schätzen. Auffällig war hier der deutlich höhere Altersdurchschnitt der Besucher, doch war deren Enthusiasmus ungebrochen und ich fand die lebhaft geführten Diskussionen, die ich im Vorbeigehen über die kleinen Loks hörte, durchaus spannend.

Der Weg zum Stand von Pegasus nahm dann doch deutlich mehr Zeit in Anspruch, als ich ursprünglich geplant hatte. Dennoch hatte sich der Weg gelohnt, den die Friedberger haben offensichtlich nicht vor sich auf den Lorbeeren der letztjährigen Spiel des Jahres-Auszeichnungen auszuruhen, sondern legen mit ordentlichem Tempo neue Spiele nach. Grade für jüngere Spieler wurde eine ganze Reihe Neuheiten vorgestellt, so beispielsweise die Munchkin Treasure Hunt oder Krosmaster Junior, die beide schon bekannte Themen aufgreifen und familienfreundlich aufbereiten. Auch das Rennspiel Viva Topo! bei dem Mäuse auf der Flucht vor der Katze sind und daneben dem größten Käsestück nachjagen und das Legespiel Zoowaboo richten sich in erster Linie an den Spielernachwuchs. Außerdem gab es noch viele weitere Neuheiten und spannende Prototypen zu bestaunen und glücklicherweise konnte einer der zahlreichen Mitarbeiter einige meine Fragen beantworten. Allerdings musste ich meinen Besuch hier deutlich abkürzen, blieb mir nur noch eine knappe Stunde um mir einen Weg zurück ins Pressezentrum zu bahnen. Doch vorher konnte ich es mir nicht verkneifen, wieder einmal einen Blick auf die Stände von Lego, Playmobil und Mattel in Halle 12 zu werfen. Verloren sich in den meisten anderen Hallen die Besucher, so drängten sie sich vor den Ständen dieser drei großen Hersteller dicht in den Gängen. Ohne einen Termin, oder zumindest eine direkte Kontaktperson war es nahezu unmöglich in die eigentlichen Stände vorzudringen um die Neuheiten in Augenschein zu nehmen.
Daher begnügte ich mich notgedrungen mit den voluminösen Messekatalogen und machte noch einen Abstecher zum Modellbauer Revell. Dort gab es neben den, mittlerweile schon obligatorischen, Star Wars-Bausätzen viele schmucke Autos zu bestaunen, vor allem der alte VW-Bus im Maßstab 1:1 hatte es mir dabei angetan, und natürlich die zahlreichen ferngesteuerten Fahrzeuge, die fast alle für eine Probefahrt oder einen -flug zur Verfügung standen.
Mittlerweile hatten sich die Messehallen schon spürbar geleert, daher wollte ich die Gelegenheit nutzen und auf dem Rückweg noch einen kurzen Abstecher zu Hasbro machen. Doch hier herrschte immer noch dichtes Gedränge und so konnte ich nur einige kurze Blicke auf die letzten Pistolen- und Gewehr-Modelle aus der Nerf-Reihe werfen, mir die neusten Monopoly-Varianten anschauen, darunter eine Retro-Version zum achtzigsten Geburtstag des Spiels, und mich schließlich über die Auswüchse der verschiedenen Film- und Comiclizenzen wundern, allen voran die Figuren zur unsäglichen Transformer-Reihe. Für einen genaueren Blick auf die ausgestellten Spielzeuge fehlte mir mittlerweile allerdings die Zeit, musste ich mich doch schon fast beeilen um rechtzeitig ins Pressezentrum zurück zu kommen und dort meine Sachen zusammen zu packen.
Der Donnerstag auf der Spielwarenmesse klingt traditionell mit einem kleinen Umtrunk der Pressevertreter aus, und auch ich nutzte die Möglichkeit mich in der angenehmen Atmosphäre des messeeigenen Restaurants mit einigen Kollegen auszutauschen und am, speziell für die Messe kreierten, Cocktail zu nippen. Schließlich wurde es doch langsam Zeit, sich auf den Heimweg zu machen, doch wählte ich nicht den einfachen Weg zum Shuttle, sondern ging noch die die fast völlig menschenleeren Hallen zum entgegengesetzten Ausgang. Gelegentlich deutete die Geräuschkulisse darauf hin, das einige Aussteller noch an ihrem Stand eine kleine Party feierten, doch waren diese meist gut vor allzu neugierigen Blicken geschützt und obwohl ich gerne einmal hinter die Kulissen geschaut hätte, liess ich mich nicht von meinem Weg abbringen und erreichte die S-Bahn, die auf der ersten Etappe der Heimreise das Fortbewegungsmittel meiner Wahl war.
Der Nürnberger Hauptbahnhof war kalt und zugig und so verbrachte ich die Wartezeit auf den ICE damit, im gut sortierten Zeitschriftenhandel zu stöbern und mir noch eine kleine Stärkung für die Heimfahrt zu besorgen. Schließlich rückte die Ankunftszeit des Zuges näher und ich schleppte mich, schwer bepackt und ziemlich müde, auf den Bahnsteig, wo es noch deutlich kälter war als in den Gängen des Bahnhofs. Und nachdem mich die Bahn am Morgen mit ihrer Pünktlichkeit überraschte, hatten die Verantwortlichen nun anscheinend ein Einsehen und bescherten mir die erwartete Verspätung. Während ich noch mein Gepäck in das erstaunlich volle Abteil hievte, machte ich mir schon Gedanken für den Fall, dass es dem ICE nicht mehr gelingen würde, die Verspätung aufzuholen. Doch waren dDiese Bedenken waren glücklicherweise unbegründet, da ich meinen Anschlusszug in Frankfurt, auch Dank eines kurzen Zwischenspurts über den halben Bahnhof, erreichte. Der Rest der Heimfahrt verlief dann auch angenehm ereignislos und ich konnte noch ein wenig dösen, bevor ich kurz nach Mitternacht, müde, abgekämpft aber einigermaßen zufrieden, an meinem Heimatbahnhof ankam.
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