Support: Jordan Reyne
Freitag, 20. September 2013
Das Bett, Frankfurt
Als
ich mir vor einiger Zeit, auf die Empfehlung eines Freundes hin Smoke
And Mirrors,
das Debut-Album der Briten von The
Eden House,
zugelegt hatte, war ich angenehm überrascht. Druckvoll,
gitarrenlastig und mit unterschiedlichsten Sängerinnen sowie
Gastmusikern spielt die Band um Stephen Carey und Tony Pettitt
soliden Goth-Rock, der seine Wurzeln in den frühen neunziger Jahren
weder verleugnen kann, noch will. Diesem ersten Album folgten auch
recht bald The
Looking Glass
und die EP Timeflows
in meine Sammlung. Im Frühjahr veröffentlichte die Band schließlich
ihr drittes Album Half-Life
und Termine für einige Konzerte in Deutschland, zusammen mit den
Dreadful
Shadows, wurden
angekündigt. Glücklicherweise war einer der Termine im Frankfurter
Bett,
einem der Clubs, die ich recht häufig besuche. Leider musste die
Tour jedoch kurzfristig abgesagt werden und ich konnte mich nur mit
der CD begnügen. Umso erfreuter war ich, als vor Kurzem zwei
Deutschland-Konzerte der Band bestätigt wurden, einer davon sogar in
Frankfurt.
So
mache ich mich dann ein einem relativ sonnigen Freitagabend auf den
Weg nach Frankfurt. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit habe ich
diesmal sogar schon die Karten im Vorverkauf geholt, sodass dem
Konzertbesuch eigentlich nichts mehr im Weg stehen sollte. Abgesehen
vom freitäglichen Feierabendverkehr verläuft die Anreise dann
angenehm ereignislos und auch die Parkplatzsuche vor dem Bett
ist eigentlich auch kein Problem. Schließlich betrete ich, voller
Vorfreude, kurz nach 20 Uhr den kleinen Club. Wirklich viel ist
allerdings noch nicht los, was mir die Gelegenheit gibt, mich mit den
nötigen Getränken zu versorgen. Da der Merchandise-Stand noch
verwaist ist, mache ich es mir auf einem Barhocker vor den
Mischpulten gemütlich. Das Equipment ist schon auf der Bühne
verteilt und eigentlich sollten um 21 Uhr die Herren von Reptyle
das mittlerweile etwas zahlreichere Publikum auf den Hauptakt
einstimmen. Nach 20 Minuten ist immer noch nichts passiert, als eine
zierliche, rothaarige und reichlich tätowierte Dame die Bühne
betritt und sich als Jordan
Reyne
vorstellt. Derzeit ist sie als Sängerin mit The
Eden House
unterwegs, doch da die Vorband an diesem Abend leider
krankheitsbedingt nicht auftreten kann, übernimmt sie kurzerhand
auch noch alleine das Vorprogramm mit ihrem eigenen Material. Nur
ausgestattet mit zwei Loop-Maschinen, einer akustischen Gitarre und
einer beeindruckenden Stimme legt die Neuseeländerin direkt los,
indem sie dank der Loops mehrstimmig mit sich selbst singt. In der
folgenden Stunde spielt Frau Reyne ein recht abwechslungsreiches Set,
mit einer Mischung aus rein akustischen Nummern, mit alltäglichen
Soundschnipseln versetzten Acapella-Stücken bis hin zu wüsten
Industrial-Klängen. Zwischendurch macht sie in erstaunlich gutem
Deutsch immer wieder ihre Späße mit dem Publikum, erzählt etwas
zur Entwicklungsgeschichte ihrer Stücke oder hadert mit dem
Tontechniker, der wiederum den Sound nicht immer richtig in den Griff
bekommt.
Offensichtlich
bin nicht nur ich von diesem Auftritt begeistert, auch der Rest des
Publikums applaudiert am Ende des Sets nach Kräften. Entsprechend
sind die CDs von Jordan Reyne am mittlerweile gut bestückten
Merchandise-Stand rasch ausverkauft, wobei ich das Glück habe die
letzten Exemplare von The Annihilation Sequence und Children
Of A Factory Nation zu ergattern.
Wie
schon zuvor von ihr angekündigt kehrt Jordan Reyne nach nur ein paar
Minuten Verschnaufpause wieder auf die Bühne zurück. Diesmal ist
sie jedoch nicht alleine, sondern hat ihre Mitmusiker von The Eden
House mit im Schlepptau. Da es bei der Vielzahl der beteiligten
Musiker und Sängerinnen nie so ganz sicher ist, wer gerade zum
aktuellen Live-Line-Up gehört, bin ich gespannt, wer an diesem Abend
das Konzert bestreitet. Diesmal stehen an den Gitarren Stephen Carey
und Rob Leydon, am Schlagzeug Simon Rippin und am Bass natürlich
Tony Pettitt auf der Bühne. Jordan Reyne bekommt zudem am Mikrofon
Verstärkung durch Laura Bennett, die beide auch auf der neuen CD zu
hören sind.
Der
Opener „Gods Pride“ vom Debut-Album beginnt relativ langsam, wird
aber immer weiteren Verlauf immer druckvoller. Auch hier setzen sich
die Probleme mit der Technik fort. Den Zuhörern fällt dies zwar
kaum auf, aber die Band, und vor allem die Sängerinnen haben
sichtlich mit den übermächtigen Gitarren zu kämpfen. Mit
„Butterflies“ folgt ein Stück vom neuen Album und so langsam
kommt auch etwas Bewegung in die Zuschauer. Zwischen den Stücken
fungiert Frau Reyne immer wieder als Dolmetscherin zwischen der Band
und dem Publikum und trägt dabei ihren Teil zur lockeren Stimmung im
Saal bei. Um den Auftritt der Band auch optisch aufzuwerten werden,
neben der Lightshow, auch Bilder hinter die Band an die Wand
geworfen. Neben geometrischen Mustern und den Plattenartworks gibt es
auch kleine Filmschnipsel zu sehen, die sich thematisch auf die
einzelnen Songs beziehen. Waren die ersten beiden Stücke noch etwas
gemächlich so rockt das folgende „Neversea“ ordentlich und die
Musiker legen sich mächtig ins Zeug um dem Publikum einzuheizen.
Darauf folgt, nicht ganz so rockig, aber durch den dominanten Bass
ebenso druckvoll, „All My Love“, welches live mit zwei
Sängerinnen tatsächlich besser ist als die Studioversion.
Mittlerweile wiegt sich ein Großteil der Besucher im Takt zur Musik,
was der Band augenscheinlich gefällt und ihre Performance noch mehr.
Wieder mit der Technik zu kämpfen hat die Band bei „Wasted On Me“,
bei dem die Gitarren den Gesang fast vollständig übertönen, was
dem Stück viel von seiner Stimmung nimmt und offensichtlich auch für
die Musiker nicht wirklich angenehm ist.
Diese
Probleme setzten sich auch bei „Remember“ fort, wobei es hier
auch noch die eine oder andere störende Rückkopplung gibt.
Glücklicherweise funktioniert die Technik bei „The Dark Half“
wieder etwas besser und die beiden Damen können die sinistren Lyrics
in angemessenen Rahmen vortragen. Musikalisch geben hier vor allem
das Schlagzeug und der Bass die Richtung vor, während die beiden
Gitarristen eher zuarbeiten und sich auf eine unterstützende
Funktion beschränken. Für mich der Höhepunkt des Sets und mein
unbestrittenes Lieblingsstück ist das folgende „Timeflows“. In
den knapp 10 Minuten ist es in erster Linie der treibende Bass, der
das Lied trotz der Tempowechsel zusammenhält und dafür sorgt, dass
es bis zum letzten Ton spannend bleibt. Gegen Ende schleichen sich
jedoch auch hier wieder einige Rückkopplungen ein, von denen ich mir
den Spaß an dem Stück jedoch nicht vermiesen lasse. Eher ruhig
lässt die Band den regulären Teil des Konzertes mit „City of
Goodbyes“ ausklingen, bei dem zum ersten Mal an diesem Abend die
Vocals wirklich im Vordergrund stehen und die Musiker sich weitgehend
zurück halten und erst zum Finale des Stückes etwas mehr aufdrehen.
Danach
verlässt die Band die Bühne und verschwindet im Backstage-Bereich
um sich ein bisschen vom Publikum feiern zu lassen. Wieder ist es
Jordan Reyne die alleine zurück ins Rampenlicht kommt, um die
Zuschauer noch ein bisschen anzufeuern. Schließlich hat auch der
Rest der Band ein Einsehen und kommt für eine Zugabe zurück auf die
Bühne. Im Vergleich zu den vorangegangenen Stücken ist „Sin“
geradezu langsam, kann aber trotzdem mit einer kraftvollen
Instrumentierung aufwarten. Für das letzte Stück, das ausgesprochen
eingängige „To Believe In Something“, legt sich die Band noch
einmal richtig ins Zeug und auch die Technik spielt zur Abwechslung
mit, sodass der Auftritt damit kurz vor Mitternacht einen würdigen
Abschluss bekommt.
Die
Band verabschiedet sich dann erneut von der Bühne, nur um wenige
Minuten später wieder am Merchandise-Stand aufzutauchen. Hier haben
die Besucher Gelegenheit ein bisschen mit den Musikern zu schwätzen,
sich mit CDs und Shirts einzudecken und sich diese natürlich auch
signieren zu lassen. Wer noch nicht müde ist, hat nun direkt im
Anschluss bei der „Desperate Society Party“ im Bett die
Möglichkeit zu Gothik- und Wave-Klängen noch ein paar Stündchen
weiter zu feiern. Für mich ist das leider nichts, da ich am nächsten
morgen früh raus muss und noch 70 km zu fahren habe.
Wirklich
überrascht hat mich der Auftritt von Jordan Reyne. Ich kannte
sie lediglich von Half-Life, wo sie schon bei einigen Tracks
für die Vocals verantwortlich war. Die Musik, die sie in ihrem
Solo-Programm spielt, unterscheidet sich zwar grundsätzlich davon,
ist aber nichtsdestotrotz ausgesprochen beeindruckend. Vor allem die
Arbeit mit den Loops und alltäglichen Geräuschen, die sie in ihre
Stücke einfließen lässt, ist einfach großartig. Auch ist es
erstaunlich, wo diese eigentlich recht zierliche Person die Kraft für
ihre Stimme hernimmt. In jedem Fall ein toller Auftritt, der wohl
nicht nur mich nachhaltig beeindruckt hat.
Dies
war jedoch lediglich ein unerwarteter Bonus, denn ich war ja in
erster Linie wegen The Eden House nach Frankfurt gekommen. Und
auch hier wurden meine Erwartungen durchaus erfüllt. Die Musiker,
allesamt Leute mit langjähriger Erfahrung in den verschiedensten
Bands, beherrschen natürlich ihre Instrumente hervorragend.
Allerdings ergibt sich daraus manchmal das Problem, das sie einfach
ihr Set runterspielen und dann einfach im Backstage verschwinden.
Nicht so hier: Die Band hatte augenscheinlich Spaß an dem Auftritt
und auch am Zusammenspiel miteinander. Immer wieder wurden kleine
Scherze (auch auf Kosten der Bandkollegen) gemacht, das Publikum mit
einbezogen und auch die technischen Schwierigkeiten mit Humor
genommen. Nach dem eigentlichen Auftritt tummelten sich die einzelnen
Bandmitglieder entweder an der Theke oder am Stand und waren bester
Laune und einem kleinen Plausch durchaus nicht abgeneigt.
Normalerweise
haben die Verantwortlichen des Bett die Tontechnik eigentlich
ganz gut im Griff, daher fand ich es merkwürdig, dass es sowohl bei
Jordan Reyne als auch bei The Eden House öfter zu
Problemen kam. Vor allem die Sängerinnen hatten im Verlauf des
Konzertes sichtlich Probleme damit gegen die Gitarren anzukommen, die
fast alles andere in den Hintergrund drückten. Die Projektionen im
Hintergrund waren nett anzusehen, haben aber für meinen Geschmack zu
viel vom Geschehen auf der Bühne selbst abgelenkt. Davon einmal
abgesehen hat es das Team vom Bett wieder einmal geschafft
eine tolle Band nach Frankfurt zu holen und den Besuchern damit einen
gelungenen Abend zu bescheren.