Montag, 10. November 2025

SPIEL '25


[Messe] SPIEL '25
 

22. bis 26. Oktober 2025 
Grugahallen, Essen

 

Die Vorbereitungen

In meinem regulären Beruf bin ich derzeit so stark eingespannt, dass ich mich nicht so intensiv auf die SPIEL vorbereiten, wie ich das eigentlich gewollt hätte. Akkreditierung (wieder einmal vielen Dank an das Team des Merz Verlag) und die Hotel-Buchung verliefen zwar wie gewohnt problemlos, doch schon beim geplanten Urlaub gab es einige Unstimmigkeiten. Glücklicherweise konnte ich mich durchsetzen und mir für die gesamte Messe frei nehmen. Da dies jedoch lange auf der Kippe stand, verzichtete ich auf meine sonst obligatorischen Termine.
Immerhin gelang es mir, mich über einige der Neuerscheinungen zu informieren und eine lange Liste mit Spielen zu machen, die ich unbedingt sehen wollte. Zeit für eine ausgedehnte Shopping-Tour und für Treffen mit Freunden wurde ebenfalls mit einkalkuliert. So machte ich mich also (gefühlt) mitten in der Nacht an einem regnerischen, stürmischen Mittwoch auf den Weg ins Ruhrgebiet.

Die ersten gut 25 Kilometer der Reise verlaufen dann auch reibungslos - bis mich ein Warnlämpchen im Armaturenbrett darauf hinweist, dass mein Auto einen Schluck Öl vertragen könnte. Als erfahrener Skoda-Fahrer habe ich selbstverständlich immer einen Liter auf Reserve im Kofferraum. Nach einem kurzen Zwischenstopp auf dem nahegelegenen Rastplatz will ich meine Fahrt fortsetzen, bemerke jedoch, dass Ticket und Parkausweis für die Messe nicht auf dem Beifahrersitz, sondern wahrscheinlich noch auf dem heimischen Schreibtisch befinden. Kurzerhand an der nächsten Ausfahrt umgedreht, die fehlenden Papiere eingesammelt und wieder zurück auf die A61.

Trotz dieser völlig unnötigen und selbstverschuldeten Verzögerung erreiche ich Essen und die Gruga-Hallen dennoch pünktlich zur Öffnung der Türen. Hier suche ich mir ein gemütliches Plätzchen, begrüße den einen oder anderen Bekannten und warte auf den offiziellen Start des Tagesprogramms.

Mittwoch, 22. Oktober 2025

 

Die Preisverleihung
Das Foyer ist gut gefüllt, nur wenige Plätze bleiben leer bei der traditionellen Pressekonferenz, die der Eröffnung der SPIEL vorangeht. Wie bereits im Vorjahr präsentieren Carol Rapp und Robin de Cleur einige harte Zahlen und Fakten zur Messe, aber auch zu Spielen generell. So kann sich die Branche 2025 erneut über einen recht ordentlichen Zuwachs freuen - interessanterweise zu einem guten Teil aus dem Genre der Tradings Cards gespeist. Auch Veränderungen, die die Messe direkt betreffen werden angesprochen. So ist mit der Halle 7 nochmals mehr Ausstellungsraum hinzugekommen, in der hintersten Ecke der Halle 4 ist für Diskussionen und Vorträge eigens ein weiter Bereich mit entsprechender Technik und zahlreichen Sitzplätzen eingerichtet worden. Ein größerer Diskussionspunkt war der Wegfall der Dauerkarten und die damit einhergehende komplette Umstellung auf Tages-Tickets. Die Begründung klang für mich durchaus nachvollziehbar, ob diese Regelung Bestand hat, wird das kommende Jahr zeigen.

Nach diesem recht kurzen Überblick folgt die Verleihung des Deutschen Spielepreises. Wie bereits im Vorjahr haben sich die Veranstalter als "Gesicht" der Messe jemand Bekanntes herausgepickt. War es 2024 der Sänger Alea, so darf diesmal Mháire Stritter in vollem LARP-Outfit auf die Bühne. Frau Stritter ist seit vielen Jahren eine feste Größe im Rollenspielbereich und vor allem durch den Orkenspalter-Kanal etabliert. Nach einer kurzen Einführung und etwas Smalltalk folgt schließlich die Preisverleihung. Hier können sich HeidelBÄR Games gleich zwei Mal freuen. Zum einen gewinnt Die kleinen Alchimisten die Auszeichnung für das Kinderspiel und SETI bekommt noch vor Bomb Busters und Endeavor - Die Tiefsee den Hauptpreis.

Damit endet der offizielle Teil der Eröffnungs-Veranstaltung und die Türen in die Halle 8 öffnen sich. Hier präsentieren die Verlage bei der Neuheitenschau ihre Messe-Highlights. Für mich ist das einer der angenehmsten Momente der SPIEL, kann man doch in Ruhe und in entspannter Atmosphäre die zahlreichen Veröffentlichungen in Augenschein nehmen.

So gehe ich von Stand zu Stand und lasse mir viel Zeit, die Eindrücke aufzunehmen. Gelegentlich ergibt sich ein Gespräch mit einem der Verlagsverantwortlichen, beispielsweise bei Warlord Games, die die neue Edition ihres Weird War-Tabletops Konflikt '47 vorstellen. Die Denkriesen haben mit Velmohra ausnahmsweise mal kein Partyspiel am Start. Hier gibt mir der Autor netterweise einen Überblick über Ziel und Abläufe. Die Illustratorin Maxine Metzger legt mit Nocturnis ihr neues Spiel vor und Friedemann Friese plaudert über Fair Enough - das offizielle Spiel zur SPIEL. An separaten Ständen kann man sich sogar die frisch prämierten Spiele anschauen. Und auch hier ergibt sich die Gelegenheit zu einem Gespräch mit den Machern.

Das Spiel zur SPIEL
Insgesamt kann ich mir hier einen wunderbaren Überblick über Veröffentlichungen verschaffen, die ich in den kommenden Tagen noch genauer betrachten will. Ich verbringe erstaunlich viel Zeit mit den Neuheiten und versuche, so viele Eindrücke wie möglich aufzunehmen. Doch irgendwann ist es auch genug und ich streiche die Segel.

Ich schaffe es grade so vor Beginn des Berufsverkehrs meine Unterkunft in Oberhausen zu erreichen. Hier nutze ich das verbliebene Tageslicht, um ein wenig durch die Stadt zu schlendern und noch einige Vorräte einzuholen. Nachdem dies erledigt ist, stellt sich die Frage des Abendessens. Da ich im letzten Jahr SEHR gute Erfahrungen mit den Burger Nerds gemacht habe und deren Restaurant nur wenige Meter vom Hotel entfernt ist, mache ich einen Abstecher dorthin. Am ersten Abend genügt mir ein (relativ) leichtes Essen - eine Pulled Pork Poutine.

Donnerstag, 23. Oktober 2025

Ich wache erstaunlich früh in meinem Hotelzimmer auf und fühle mich fürchterlich gerädert. Allerdings weiß ich nicht wieso - der vorherige Abend war eigentlich recht entspannt. Doch anstatt weiter im Bett herumzuliegen, mache ich mich schon bald auf den Weg nach Essen. Dies erweist sich als sehr, sehr gute Entscheidung, denn die Strecke von Oberhausen über Mülheim hin zur Messe wird nicht nur durch zahlreiche Baustellen und eine Straßensperrung erschwert, sondern auch durch den regulären Berufsverkehr. Mein Plan hatte eigentlich vorgesehen, im Umfeld der Gruga-Hallen noch ein kurzes Frühstück einzunehmen, doch fahre ich erst wenige Minuten nach 9 Uhr auf den Parkplatz. Die Hallentüren sind bereits geöffnet und so schließe ich mich kurzerhand der Menge an und lasse mich in die Halle 8, den Wartebereich, mittreiben. Durch den Wegfall der Halle 7 herrscht hier schon recht früh ein ziemliches Gedränge - auch der separate Eingang für Aussteller und Fachbesucher wurde dem Messeausbau geopfert. Glücklicherweise behält das Personal am Einlass den Überblick und bewältigt die Situation professionell.

Im Gegensatz zu vergangenen Besuchen auf der SPIEL habe ich mir für den heutigen Tag kein Programm vorgenommen. Der Donnerstag soll ganz im Zeichen des Konsums stehen!

Die Horde wartet
Mit der Akkreditierung komme ich bereits kurz vor 10 Uhr durch die Tür. Diese relativ ruhige Phase nutze ich, um mir einen ersten Überblick in der neuen Halle 7 zu verschaffen. Bei der Gelegenheit mache ich mich direkt daran, die Einkaufsliste (und die meiner Mitspieler und Freunde) abzuarbeiten. Hinter dem Tor sehe ich dann auch schon den Stand mit offiziellem Merchandise. Taschen, T-Shirts und Plüschfiguren sind jetzt eher nicht meins. Dafür ergattere ich jedoch eines der wenigen Restexemplare von Fair Enough. Dabei geht es darum, möglichst viele (und zusammen passende) Dinge auf der Messe zu ergattern. Allerdings steht dafür nur eingeschränkte Zeit, dargestellt durch Kartenwerte, zur Verfügung. Also müssen die Spieler ihre Chancen abwägen, etwas taktieren und dürfen nicht zu gierig werden, sonst gehen sie leer aus.

Ebenfalls bei der Neuheitenschau konnte ich einen Blick auf Agile Unicorn vom gleichnamigen Verlag werfen. Das schnelle, relativ einfache Kartenspiel um den Aufbau eines IT-Start-Ups konnte mich durch seine hübsche Aufmachung und die Thematik überzeugen. Hier ist es an den Spielern, Programmierer-Teams zu rekrutieren, um Aufgaben zu erfüllen und damit Punkte einzuheimsen. Jedes Teammitglied generiert Würfel - am Ende zählt das höchste Wurfergebnis. Der besondere Reiz kommt dabei durch die Möglichkeit, das eigene Team durch Bonuskarten zu unterstützen oder der Konkurrenz das Leben schwer zu machen. Dieser Kauf war zwar nicht eingeplant, aber mit so etwas muss man bei der Messe ja bekanntlich rechnen.

Mittlerweile ist eine gut halbe Stunde vergangen und die Spielewütigen stürmen in die Halle. Das Gros der Besucher benimmt sich einigermaßen gesittet, doch gibt es einige, die regelrecht durch die Gänge pflügen und dabei weder Rücksicht auf ihre Mitmenschen, noch die Stände nehmen.

Eine der ersten Anlaufstellen ist traditionell der Stand von Freebooter Miniatures, einem meiner liebsten Tabletop-Spiele. Neben den obligatorischen Messe-Miniaturen habe ich in diesem Jahr eine größere Wunschliste, die ich dem freundlichen Standpersonal in die Hand drücke. Aktuell kommt Freebooters Fate in meiner monatlichen Püppchenschubser-Runde auf den Tisch. Ich (und natürlich auch die potentiellen Mitspieler) brauchen daher entsprechende Verstärkung. Wir verbleiben so, dass ich Figuren und Bücher am Abend abhole. So bleibt den Freibeutern viel Zeit, die Sachen heraus zu suchen, und ich muss sie nicht mit mir herum schleppen.

Auch einige Ergänzungen zu Spielen aus dem letzten Jahr stehen relativ weit oben auf der Wunschliste. So wandert schon bald erste Erweiterung zu Dark Humor - Jetzt geht's übers Limit in meinen Rucksack. Das moralisch grenzwertige Kartenspiel vom Schnerring Verlag hat am heimischen Spieltisch bereits für den einen oder anderen Lacher gesorgt. Da kommt frisches Material grade recht.
Auch für mein heimliches Messehighlight 2024 gibt es reichlich neuen Stoff. Die Auswahl an "Seasons" beim Solo-Spiel Final Girl überfordert mich ein klein wenig, sind die Leute von Van Ryder Games anscheinend in den letzten Monaten recht produktiv gewesen. Die Horror-Thematik ist offensichtlich noch lange nicht ausgereizt: Razorface ist an Hellraiser angelehnt - einem meiner allerliebsten Filme. Daher kann ich an dem Set nicht vorbeigehen. Die filmische Referenz zu Mort ist mir dagegen grade nicht präsent. Aber passend zur SPIEL macht ein Serienkiller die "Mega Boardgame Convention" zu seinem Jagdgebiet und als Protagonistin steht man weit oben auf der Liste.

Ebenfalls eine meiner (angenehmen) Überraschungen 2024 war das asymetrische Zwei-Personen-Spiel Pagan. Wyrmgold haben dem Titel in diesem Jahr mit Aufbruch ins Unbekannte eine große Erweiterung spendiert, die das relativ sichere Roanoke hinter sich lässt. Und da ich schon mal vor Ort bin, kommen gleich noch zwei kleine Kartensets hinzu. So bleibt der Wettkampf zwischen Hexe und Hexenjäger spannend und abwechslungsreich.

Frau Stritter ganz privat
Bei den Damen und Herren vom Kampfhummel Verlag aus der Schweiz halte ich mich dann tatsächlich etwas länger auf. Zum einen nutze ich die Gelegenheit, ein wenig mit der Autorin des grandiosen Ultraviolett zu plaudern. Zum anderen gibt es außerdem noch drei kleine, schnelle Partyspiele zu sehen. Da ich recht gut in meinem Zeitplan liege, nehme ich das Angebot für eine kurze Erklärung gerne an. Die Regeln zu Zwanzig Zentimeter, Analphabet Blödmann Currywurst und Lass es raus! sind, wie gewohnt, einfach gehalten, für größere Gruppen geeignet und sorgen wahlweise für hämisches Lachen oder peinlich berührtes Schweigen. Da ich immer auf der Suche nach dieser Art von Partyspiel bin, kommen die drei Spiele ebenfalls in die Tasche.

Mittlerweile wird es Zeit für eine erste Pause. Wie bereits im letzten Jahr ist das Angebot was Speisen und Getränke angeht ausgesprochen vielfältig. Von klassischem Junk-Food und Soft-Drinks bis hin zu veganen Salat-Bowls und Unmengen Kaffee wird eigentlich alles abgedeckt. Als erfahrener Messe-Gänger spare ich mir allerdings die Wartezeiten in den Schlangen und die teils ordentlichen Preise. Stattdessen treffe ich mich in der ruhigen Ecke in einem der Außengelände (ausnahmsweise regnet und stürmt es grade nicht) und teile mit Freunden das mitgebrachte "Pausenbrot". Obst, Käse, Mini-Salamis und Müsliriegeln reichen, um den gröbsten Hunger zu stillen. Für den Abend ist dann noch ein richtiges gemeinsames Essen geplant.

Nach dieser dringend nötigen Auszeit stürze ich mich wieder voll Schwung und Elan ins Getümmel. Mittlerweile haben es anscheinend auch die letzten Besucher in die Hallen geschafft, denn das Vorankommen wird zunehmend schwieriger.

Meine Einkaufsliste sieht gar nicht mehr so beängstigend aus, wie heute morgen. Die Kleinigkeiten kaufe ich quasi im Vorbeigehen: Würfel, T-Shirt, zwei Art Prints und eine Handvoll Postkarten in der Artists Alley. Nachdem das Konzept einige Jahre von der SPIEL verschwunden war, lebt es nun wieder auf und wird, zumindest nach meinem Eindruck, von den Besuchern dankbar angenommen. Hier haben in drei, vier Gängen eine ganze Reihe von (hauptsächlich) Illustratorinnen ihre Stände aufgebaut und präsentieren ihre Werke. Die Bandbreite reicht dabei von knallbunten Yaoi- und Yuri-Zeichnungen, über klassische Fantasy-Motive, Postkarten, Kühlschrank-Magnete und Aufkleber mit jeglicher Thematik bis hin zu finsteren, cthuloiden Werken - von denen ich mir zwei sichere.

Messe-Merch
Nachdem ich im letzten Jahr gute Erfahrungen mit den Krimi-Dinnern von Samhain gemacht habe, schaue ich wieder am Stand des bayerischen Verlags vorbei. Am Vortag hatte mir Verlagschef (und Autor) Roger Krykon schon einen kurzen Abriss über die Neuheiten gegeben. Und tatsächlich kommen beide Titel für meine reguläre Spielrunde in Frage. Diesmal bekomme ich eine ausführlichere Beschreibung, an deren Ende mehrere der Spiele in meinen Besitz übergehen. Bei Gertrude lebt! Müssen die Spieler das Verschwinden der Weihnachtsgans beim örtlichen Feuerwehrverein aufklären. Klingt lustig und weicht von der üblichen finsteren Thematik dieses Genres ab. Das zweite Spiel, Horror Dinner - Haunted Hotel, ist dann wieder etwas typischer für mich. Hier gilt es Licht hinter das gewaltsame Ableben der Hotelbesitzerin zu bringen. Dass die Spieler dabei als "Verfluchte" bezeichnet werden, lässt auf einen interessanten Plot schließen. Mit Der Messerstecher von Whitechapel und Im Irrenhaus nehme ich schließlich noch zwei schmale, eher für Einsteiger oder eine kurze Spielrunde, geeignete spielbare Krimis mit.

Nun fehlt mir eigentlich nur noch ein Abstecher in Halle 3, um dort den einen oder anderen Verlag heimzusuchen. Ich schaffe es auch tatsächlich, mich durch einen der Eingänge zu drängen, aber in den Gängen selbst ist kein durchkommen. Nach wenigen Minuten gebe ich entnervt auf und flüchte wieder zurück in die Halle 1, die kleinen Figuren und bunten Farben vorbehalten ist.

 

Ein Blick auf die Uhr verrät mir dann, dass es langsam Zeit wird, sich auf den Heimweg zu machen, will ich nicht auch dort im Stau stehen. So sammele ich meine bestellten Figuren ein, halte an dem einen oder anderen Stand noch ein Schwätzchen und bewege mich gemächlich Richtung Ausgang. All dies, und die Rückfahrt im auslaufenden Feierabendverkehr, nimmt jedoch so viel Zeit in Anspruch, dass ich nicht zurück ins Hotel, sondern direkt ins Centro zum Abendessen fahre. Doch auch hier setzt sich der Stau fort. Aufgrund einer Veranstaltung sind einige der Parkhäuser gesperrt und die eingesetzten Ordner kommen nicht wirklich gut mit der Situation zurecht. Dennoch gelingt es mir relativ pünktlich im Neon aufzuschlagen, wo meine Freunde bereits warten. Das griechische Restaurant ist schon seit vielen Jahren eine meiner Anlaufstellen, wenn es um gutes Essen geht und auch diesmal enttäuscht das überbackene Gyros nicht. Als wir uns schließlich verabschieden hat die Mall schon geschlossen und ich muss außen um den Gebäudekomplex gehen - was sich als netter Verdauungsspaziergang erweist.

Immer wieder gut!
Eigentlich wollte ich im Hotel meine Beute begutachten, doch ist es schon spät und drei Tage SPIEL liegen noch vor mir. So lasse ich mich schließlich vom Fernseher berieseln, bevor ich langsam wegdämmere.

Freitag, 24. Oktober 2025

Diese Nacht verlief ähnlich unruhig wie die vorangegangene. Praktisch bei jedem Geräusch schrecke ich auf, nur um kurz darauf wieder einzunicken. Und erneut gebe ich kurz vor 6 Uhr auf, schäle mich aus dem Bett und verbringe die nächste halbe Stunde unter der Dusche. Einigermaßen wach verlasse ich das Hotel frühzeitig - verproviantiere mich aber auf dem Weg in einem örtlichen Supermarkt. Meine Navigationssoftware lotst mich allerdings zum falschen Parkplatz - und so verliere ich unnötig Zeit. Aber es reicht noch für einen Eiskaffee und ein Sandwich, bevor es erneut ins Getümmel geht.
Das Orga-Team hat aus der etwas unglücklichen Einlass-Regelung am Vortag Konsequenzen gezogen. Während die regulären Messebesucher wieder in den Eingang Ost strömen, bei dem jetzt die Ticket-Kontrolle vorgelagert ist, werden Aussteller und die Presse zum Eingang Nord umgeleitet. Ich glaube, in meinen 30 Jahren SPIEL habe ich die Hallen nie durch diese Türen betreten oder verlassen. Allerdings darf ich erst gegen 9.30 Uhr in den Eingangsbereich selbst und stehe noch gut 20 Minuten bei Wind und Regen nur unzureichend geschützt vor der Tür.

Schließlich lässt das Sicherheitspersonal uns doch passieren und ich beeile mich, in die Halle 6 zu kommen und mich ein wenig aufzuwärmen. Nachdem ich Vortag fast alle Einkäufe erledigt habe, steht mir der Freitag praktisch vollständig zur freien Verfügung.

 

Für den Imperator!
Für den heutigen Tag habe ich in erster Linie die Halle 1 eingeplant, mit ihrem Schwerpunkt auf Tabletop. Aber auch einige Farbhersteller und Brett- sowie Rollenspielverlage hat es hierhin verschlagen. Den Anfang macht dabei natürlich der riesige Stand von Games Workshop. Wie im letzten Jahr richten die Briten wieder ihren prestigeträchtigen Mal-Wettbewerb Golden Demon auf der Messe aus. Noch gibt es allerdings in den Vitrinen nicht allzu viel zu sehen. Die wenigen bereits ausgestellten Miniaturen und Dioramen machen jedoch einen recht guten Eindruck - deutlich über dem Niveau, dass ich selbst zu meinen besten Mal-Zeiten erreichen konnte. Etwas ernüchtert nehme ich dennoch die Einladung des freundlichen Mitarbeiters an, innerhalb von 30 Minuten eine Figur mit sehr eingeschränkter Farbpalette zu bemalen. Ich bekomme also einen Space Marine in die Hand gedrückt, sowie eine Handvoll Contrast Paints und drei Pinsel und mache mich daran, Farbe auf die Miniatur zu bringen. Nach einer halben Stunde ist das Ergebnis zwar nicht wirklich überragend, aber auch gar nicht sooo schlecht.

Da ich grade in Stimmung bin, mache ich mich am Stand von AK Interactive direkt über die nächste Figur her. Hier geht es mir allerdings darum, eine der Messeneuheiten auszuprobieren: Stifte anstatt Pinsel, um Figuren zu bemalen. Nachdem ich die Palette der ungewöhnlichen Utensilien ausprobiert habe, fällt mein Urteil doch eher ernüchternd aus. Weder die Deckung, noch die Kontrolle über die Farbe kann mich überzeugen. Wenn diese Stifte ihre Berechtigung haben, so hat sich mir diese bisher nicht erschlossen.
Weiter geht es zu Vallejo, die ihre neue Farbserie True Metallic Metal vorstellen. Wie man sich denken kann, handelt es sich dabei um reine Metallfarben. Allerdings unterscheiden sich diese doch in ihrem Verhalten und vor allem dem Aussehen deutlich von den bisher bekannten Farbtönen. Hier tobe ich mich an einer weiteren Figur aus und das Ergebnis kann sich tatsächlich sehen lassen. Entsprechend füge ich eine kleine Farbauswahl der langsam und stetig wachsenden Sammlung in meinem Rucksack hinzu.


Nach diesem kreativen Testlauf will ich jetzt Figuren über den Tisch schieben. Dafür bietet sich der Stand von Trench Crusade an. Das Skirmish kann nicht nur mit einem sehr speziellen Setting aufwarten, auch die Miniaturen (und die Deko) hinterlassen einen teils verstörenden Eindruck. Nach einem sehr schnellen und unterhaltsamen Demo-Spiel, habe ich noch die Gelegenheit, mich kurz mit dem Autor Tuomas Pirinen zu unterhalten. Neben einem Blick in den Prototyp des gedruckten Regelwerks kann ich auch die neuen Figuren im Kunststoff-Gußrahmen bewundern.

Die ersten Gußrahmen... 

Da der Verlag anderen Herstellern erlaubt, Figuren vor diesem Hintergrund zu produzieren, ist es nicht wirklich überraschend, dass ich direkt nebenan bei Titan Forge schon zwei Kampftrupps und das dazugehörige Gelände entdecke. Aber eigentlich bin ich hier wegen des grandiosen Brettspiels Lobotomy und seinen Ablegern. Doch leider werde ich enttäuscht - es gibt nichts Neues zu sehen. Und auch die Fertigstellung der nächsten Erweiterung lässt auf sich warten.

Die Zeit vergeht erstaunlich schnell und als ich das erste Mal eine Pause einlege, ist bereits mehr als der halbe Messetag vergangen. Trotzdem habe ich immer noch nicht alles an neuen Figuren gesehen, dass ich sehen möchte. So geht es also nach einer kurzen Verschnaufpause zurück in die Halle 1.

Direkt am Eingang haben wieder Remarkable Miniatures ihren Stand aufgebaut. Leider gibt es hier nur wenige neue Figuren als 3D-Drucke zu sehen. Da mir die sehr spezielle Interpretation von Märchen- und Sagengestalten recht gut gefällt, füge ich auch diese meiner Sammlung hinzu.
Gegenüber wird mit Shroudfall vom Verlag Gamebreakers (bzw. deren Vertreibspartnern) ein neues Skirmish-Tabletop-System vorgestellt. Ungewöhnlich gestaltete Figuren und sehr ansehnliches Gelände, verleiten mich zu einem kurzen Testspiel. Neben recht bekannten Abläufen bietet das Regelwerk zusätzlich eine Art Ressourcenmanagement, mit dem sich Sonderfähigkeiten der Charaktere aktivieren lassen. Sicherlich eine nette Idee und ein Grund, das Spiel im Auge zu behalten.

Ebenfalls durch beeindruckendes Gelände macht Butcher & Bolt auf sich aufmerksam. Auch dieses System zählt zu den Skirmish-Spielen, ist aber vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges angesiedelt. Das dazugehörige Regelbuch und die verschiedenen Szenarien werden (hoffentlich) durch eine Crowdfunding-Kampagne finanziert, die in Kürze starten soll. Mich erinnert das Ganze ein wenig an das altehrwürdige Computerspiel Commandos, mit dem ich seinerzeit viele Stunden verbracht habe. Auch daher für mich nicht ganz uninteressant - andererseits habe ich ein halbes Dutzend Spiele im Regal stehen, mit denen man ebendies darstellen kann.

Um die Ecke des Ganges herum haben Mantic etwas abseits ihren Platz gefunden. Hier gibt es einiges zu sehen, beispielsweise Epic Warpath, mit dem man gewaltige SciFi-Schlachten in kleinem Maßstab spielen kann. Was ich recht originell finde, ist die Idee, Tabletop-Adventskalender auf den Markt zu bringen. Hier stehen ganze vier Stück zur Auswahl unter anderem auch für die Umsetzung des Computerspiels Worms. Hinter jedem Türchen verbergen sich dabei Figuren, Würfel oder Geländeteile.

Die Galerie
Mittlerweile hat sich die Halle merklich geleert und auch ich mache mich langsam, aber unaufhaltsam, auf den Weg Richtung Parkplatz. Als Abendprogramm ist ein gemeinsames Essen mit Freunden im benachbarten Mülheim geplant. So verstaue ich meine, diesmal relativ geringe, Ausbeute im Kofferraum und quäle mich durch den Feierabendverkehr. Allerdings hätte ich mir durchaus mehr Zeit lassen können, da meine "Mitesser" mit der Deutschen Bahn unterwegs sind. Diese hat verlässlich Verspätung - immerhin ganz 90 Minuten. Dafür warten dann am Ende im Mediterran leckere Tortelloni Giganti mit Steinpilzfüllung auf mich. Das Restaurant ist gemütlich, die Getränke reichlich und so schreitet der Abend unmerklich voran. Erst gegen Mitternacht schaffe ich es auf mein Zimmer und falle beinahe sofort auf das Bett.

Samstag, 25. Oktober 2025

Der Samstag beginnt wie die beiden Tage zuvor auch - mit kurzem und nicht wirklich erholsamen Schlaf. So bin ich wieder frühzeitig am Eingang der Gruga-Halle und stärke mich mit den mitgebrachten Sandwiches und einer Thermoskanne Pfefferminz-Tee.

Diesmal habe ich mir eine Expedition in die Halle 3 vorgenommen - bisher war hier kein durchkommen. Auch das eine oder andere Testspiel steht noch auf meiner Agenda. Als ich mich langsam durch die Gänge vorarbeite, fällt mir der gelangweilte Mitarbeiter am Stand von Asmodee auf, der nur darauf wartet, mir eine Demo zu Arkham Horror - Das Kartenspiel zu geben. Obwohl ich alle anderen Spiele aus der Themenreihe habe und regelmäßig spiele, ist das Living Card Game bisher an mir weitgehend vorbeigegangen. Dies mag an meiner Abneigung gegen Sammelkartenspiele jeglicher Art liegen, oder aber an der schier unüberschaubaren Masse von Erweiterungen, Ergänzungen und Szenario-Packs, die es mittlerweile dafür gibt. Das kooperative Deckbuilding-Spiel stellt sich dann doch eher als Rollenspiel Light heraus. Stimmige Illustrationen, ein klassischer cthuloider Plot und der relativ kurzweilige Ablauf machen mich zumindest neugierig auf mehr. Vielleicht sollte ich dem Spiel doch bei Gelegenheit eine Chance geben.

Wenn ich schon in der Gegend bin, ist ein erneuter Blick auf die Exponate beim Golden Demon fällig. Mittlerweile sind die Vitrinen gut gefüllt und die Schlange der Maler, die ihre Stücke abgeben wollen, zieht sich um den halben Stand herum. Hier sind einige wirklich tolle Werke zu sehen - was mich fast wieder in Versuchung führt, zu Hause einen neuen Anlauf mit Pinsel und Farben zu wagen.

Deadpool-CosplayNach diesem kurzen Intermezzo erreiche ich aber dann tatsächlich die Halle 3 - in der im Vergleich zu den vergangenen Tagen deutlich weniger los ist. Und um bei Tentakelmonstern zu bleiben, bahne ich mir einen Weg zum Stand von Chaosium. Dort wartet mit Miskatonic Tales - Journey to Innsmouth das letzte Spiel meiner Einkaufsliste auf mich. Das opulent ausgestattete Brettspiel bietet klassische Abenteuer vor dem Hintergrund des Cthulhu-Mythos, wobei auch hier der Rollenspiel-Aspekt viel Raum einnimmt. Eine kurze Erklärung des Spielprinzips und der Mechaniken lassen mich die Kaufentscheidung nicht bereuen.

Um Horror geht es auch einige Meter weiter bei till5am Games - allerdings um die trashige 1980er-Video-Variante. Bei Badflix Scareville muss man als garstiges TV-Monster, die Seelen der Fernsehzuschauer verschlingen. Beim Anspielen mit dem Autor entpuppt sich das Ganze als kurzweiliges Push-Your-Luck-Würfelspiel mit hübschen Illustrationen und originellem Setting. Leider ist das Spiel nicht zur Messe fertig geworden - aber es gibt eine Vorbesteller-Aktion, die ich in Anspruch nehme.

Nicht zu übersehen ist, wie immer, der Stand von Pegasus. Zahlreiche Neuheiten werden hier von dem emsigen Demo-Team präsentiert. Allerdings beschränke ich mich auf ein wenig Kontaktpflege und einen kurzen Überblick über die aktuellen Veröffentlichungen. Die (wirklich tollen) Bücher zum Cthulhu-Rollenspiel hatte ich mir ein paar Tage zuvor schon beim Dealer meines Vertrauen (dem Orcish Outpost in Mainz) zugelegt. Ansonsten gibt es hier noch einige Dinge, die Eindruck hinterlassen Vor allem der kooperative Deckbuilder Boss Fighters QR, bei dem der Endgegner durch eine App gesteuert wird. Generell stehe ich dem Einsatz von Elektronik bei "klassischen" Brettspielen eher skeptisch gegenüber, doch hier ist einer der Fälle, in denen es sinnvoll ist und auch funktioniert.

Fthagn!Nachdem es doch langsam voll wird, schlendere ich noch ein wenig durch die Gänge, bewundere die teils wirklich toll aufgemachten und exzessiv ausgestatteten Spiele. So bleibe ich länger bei Meeple Pug mit ihrem dämonischen Dark Blood stehen, lasse mir Beast von Studio Midhall zeigen und bin beeindruckt von Syncanite Foundation. Für eine Demo von Hell: Legends am Stand von Hodari Spiele ist dann tatsächlich doch noch Zeit. Der Fantasy-Dungeon-Crawler erinnert von Ablauf und Fähigkeiten-Mechanik frappierend einem klassischen Computer-Spiel; auch die Optik kann ihre Herkunft nicht verleugnen. Insgesamt hinterlässt es einen sehr positiven Eindruck - ob ich allerdings ein weiteres Spiel aus diesem Genre in meiner Sammlung brauche, wage ich zu bezweifeln.

Zwischenzeitlich mache ich immer wieder Abstecher in andere Hallen. Dabei habe ich insgesamt den Eindruck, dass sich die Besucher heute deutlich besser verteilen. Und das, obwohl die Freiflächen auf Grund des wirklich miserablen Wetters nahezu ausgestorben sind.

So komme ich grade rechtzeitig in Halle 4 an, in der auf der Bühne die Vorbereitung zu einer Rollenspielrunde laufen. Mháire Stritter leitet eine Runde Myranor, zusammen mit ausgewählten Größen der heimischen Rollenspielszene. Als besonderes Schmankerl für die zahlreichen Schaulustigen wird das Geschehen auf dem Spieltisch in bester LARP-Manier auf der Bühne umgesetzt. Sehr lustig und sehr schön anzuschauen - so wird dieses (immer noch) Nischen-Hobby ein Stückchen weiter massenkompatibel.

Das etwas andere LARPDa ich schon einmal in der Halle bin, schaue ich auch gleich noch bei Greenstuffworld vorbei. Neben zahlreichen Farben und Dioramenbau-Zubehör, greifen die Spanier die Idee anderer Farbhersteller mit den "Mal-Stiften" auf. Allerdings werden diese hier nicht fertig angeboten, sondern leer, so dass man sie mit den Farben der Wahl befüllen kann. Ich finde diese recht gelungen und probiere die Stifte aus. Am Ende nehme ich mir doch noch ein Set mit.

Nach einigen weiteren, relativ ziellosen Runden durch die Gänge, wird es wieder Zeit, mich in Richtung Ausgang zu begeben. Mittlerweile sind die Hallen recht leer, was mir die Möglichkeit gibt, mich endlich in einen der zahlreichen Grabbelstände zu stürzen, die ich bis dahin gemieden habe. Völlig überraschend werde ich (leider) fündig. Es sind ganze vier Erweiterungs-Sets für verschiedene Ableger des Zombicide-Brettspiels, die den Weg in den Rucksack finden, bevor ich mich schließlich auf den Weg zum Parkplatz mache.

Angekommen im Hotel gönne ich mir eine kurze Verschnaufpause und sichte meine Schätze. Fit bin ich zwar nicht mehr, aber ein weiteres gemeinsames Essen, diesmal wieder bei den Burger Nerds, lasse ich mir nicht entgehen. Der Philly Chili Cheese Burger ist eine Obszönität aus Fleisch, Käse, Sauce und einem Berg Pommes Frites. Aber eben auch sehr lecker und nach einem harten Messetag genau das Richtige.
Eigentlich hatte ich überlegt, als Abendprogramm den Kulttempel mit der dortigen Gruftie-Party heimzusuchen. Allerdings sprechen die einsetzende Freßnarkose, das wirklich miserable Wetter und meine allmählich aufkommende Erschöpfung dagegen. So bleiben wir noch ein wenig im Diner sitzen, lassen das Gesehene Revue passieren und tauschen Tipps für den Sonntag aus. Als ich mein Hotelzimmer erreiche, ist es schon fast Mitternacht - daher sehe ich zu, wenigstens ein paar Stunden Schlaf zu ergattern.

Sonntag, 26. Oktober 2025

Ich habe völlig verdrängt, dass in der Nacht die Uhr umgestellt wurde. Das erklärt wahrscheinlich mein Jet-Lag als ich morgens deutlich vor dem Wecker aufwache. Immerhin bleibt mir so ausreichend Zeit, die Habseligkeiten zusammenzusuchen und in mehreren Gängen ins Auto zu verfrachten. Offensichtlich laufe ich noch immer neben der Spur, als ich die Key-Card im Zimmer vergesse. So muss ich die Dame an der Rezeption bemühen, dass sie mir aufschließt, bevor ich Jacke und Rucksack einsammeln und auschecken kann. Kein gutes Vorzeichen für den letzten Messetag!

Noch auf der Fahrt zur Messe erreichen mich mehrere Nachrichten von Bekannten, die Bilder in meinem Social Media-Status gesehen haben und nach Spielen fragen. So kommt es, dass ich unverhofft doch noch eine Handvoll Spiele mitbringen muss. Glücklicherweise geben die Barschaft und der Lagerraum im Auto das her.

Was ist wohl in der Box?!?Entsprechend führt der erster Weg zu iDventure, die sich mit ihren tollen Puzzleboxen einen Namen gemacht haben. Ein Besuch hier steht sowieso auf dem Programm, da ich den Chef schon seit vielen Jahren aus meiner Zeit in Düsseldorf kenne. Neben etwas Smalltalk und einem Ausblick auf die Neuheiten habe ich auch Gelegenheit mit dem Designer der Boxen zu sprechen. Für mich eine spannende Angelegenheit, da ich überhaupt nicht wüsste, wie ich bei der Entwicklung solcher Puzzle vorgehen sollte. Schließlich erledige ich meinen Auftrag und packe die Cluebox - Cambridge Labyrinth ein.

Bevor ich die nächsten Punkte auf meiner To-Do-Liste abhandele, schaue ich noch kurz bei Ravensburger vorbei. Hier kann man schon eine Vorab-Version von Labyrinth Chronicles bestaunen - eine Generalüberholung des allseits beliebten Klassikers. Auch den Ableger Horrified: Dungeons & Dragons gibt es zu sehen. Als alter Rollenspieler finde ich die Umsetzung natürlich nicht uninteressant - andererseits unterscheidet sich das Spiel nicht gravierend von seinem Vorgänger.
Weiter geht es in Halle 3 - doch anscheinend habe ich diesmal zu lange gezögert: das letzte Exemplar von Dark Blood ist verkauft! Das verpasst meiner Stimmung einen leichten Dämpfer und so beeile ich mich, die anderen Sachen möglichst schnell zu jagen. In kurzer Folge wandern eine weitere Erweiterung zu Dark Humor, limitierte Messe-Würfel, einige 3D-gedruckte Untersetzer, zwei Zeichnungen, noch mehr Figuren und ein Farb-Set in meinen Rucksack.

Nach diesem letzten Exzess wird es langsam Zeit, der Messe den Rücken zu kehren. Allerdings muss ich mich noch von verschiedenen Leuten verabschieden, so dass sich mein Rückweg zum Auto deutlich länger hinzieht, als ich geplant hatte. Doch kurz nach 15 Uhr habe ich es tatsächlich geschafft und den Rucksack im Kofferraum verstaut. Der Heimweg verläuft angenehm unaufgeregt - von mehreren Baustellen und gelegentlich stockendem Verkehr abgesehen. Zu Hause angekommen, halte ich mich nicht großartig damit auf, die Errungenschaften wegzuräumen. Stattdessen bilde ich verschiedene Stapel mit den Einkäufen, die ich in Laufe der nächsten Tage an ihre künftigen Besitzer weitergebe.

Das Fazit

Mein Plan, an verschiedenen Tagen unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen, hat für mich sehr gut funktioniert. Ich musste nicht von einem Termin zum nächsten hetzen, sondern konnte mir Zeit lassen, die ausgestellten Spiele und Figuren ausführlich zu betrachten - sogar das eine oder andere Testspiel war möglich. Insgesamt war ich deutlich weniger gestresst als in den Jahren davor - auch eine Erkältung/Grippe/Corona-Infektion blieb mir diesmal erspart. Trotz dem relativ entspannten Programm bin ich mir sicher, nicht alles gesehen zu haben, was es zu sehen gab. Besonders um die großen Verlage wie Amigo, Kosmos, Iello, Asmodee oder Hutter habe ich weitgehend einen Bogen gemacht. Deren Neuheiten kann ich mir auch bei anderen Gelegenheiten anschauen - beispielsweise Ende November bei Darmstadt spielt.

EndspurtIn diesem Jahr sind mir gleich mehrere Dinge ins Auge gestochen. Zum einen war dies die schier unübersehbare Menge an Krimi-Dinnern und Exit-Spielen. Bestimmt ein gutes Dutzend Verlage haben sich alleine auf das Genre konzentriert. Aufmachung, Thematik und Mechaniken sind dabei sehr unterschiedlich - zumindest von dem, was ich in Erfahrung bringen konnte. Einige Spiele habe ich zum Antesten mitgenommen, andere kommen vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt.
Auch Würfel nebst Zubehör gab es allen denkbaren Varianten. Von billiger, knallbunter Kunststoff-Massenware über Polyeder aus Halbedelsteinen oder Metall war für jeden Geschmack und Geldbeutel das passende Angebot vorhanden. Dazu edle Holzkisten zur Aufbewahrung sowie Würfelunterlagen und -türme in jeglicher Ausführung. Anderes Zubehör, das nicht direkt zum Spielen gedacht ist, war ebenfalls reichlich vor Ort. Spieltische, Spielmatten, Einleger für Spieleschachteln, limitierte Goodies und allerlei Schnickschnack, um den Besuchern das Geld aus der Tasche zu locken.
Bemerkenswert war für mich auch die Tatsache, dass tatsächlich eine Handvoll neuer Hersteller ihr Glück auf dem Tabletop-Markt versuchen. Gleich drei oder vier mir unbekannte Systeme wurden auf der Messe vorgestellt - zusammen mit den bereits etablierten. Damit einher geht auch die verstärkte Präsenz von 3D gedruckten Modellen und Spielzubehör. Sogar ein Dienstleister, der Auftragsdrucke anbietet, war vor Ort. Eine spannende Entwicklung, bei der ich allerdings nicht sicher bin, ob viele dieser Spiele im nächsten Jahr noch zu sehen sind. Aber da lasse ich mich überraschen.

Das Orga-Team hat in diesem Jahr auf der SPIEL einen großartigen Job gemacht. Zwar gab es am Donnerstag noch leichte Anlaufschwierigkeiten auf Grund der veränderten Hallensituation, doch lief an den anderen Tagen alles reibungslos. Auch das Personal am Einlass hatte die Lage souverän im Griff, selbst wenn einige Spielwütige sich wirklich unter aller Sau verhalten haben.
Die Idee mit der Bühne in Halle 4 und den dort stattfindenden Vorträgen, Panels und Veranstaltungen wurde, soweit ich das gesehen habe, von den Besuchern gut angenommen. Die Menschenmassen (an allen vier Tagen war die Messe ausverkauft) haben sich die meiste Zeit recht gut verteilt, so dass es nur vereinzelt zu Staus und Menschenansammlungen kam. Mit Mháire Stritter hat die Veranstaltung jemand gefunden, der seit vielen Jahren einen Bezug zur (Rollenspiel-)Szene hat und diese Sparte würdig repräsentiert. Vor allem die Idee mit der "Live"-Rollenspiel-Runde hat mir dabei sehr gut gefallen.
Verschiedene Turniere, beispielsweise King of Tokyo oder Magic - The Gathering, Events wie Catan - Connect oder der Golden Demon-Wettbewerb haben die Messe zusätzlich aufgewertet
Organisatorisch hat die SPIEL eigene App noch ein bisschen zugelegt. Zahlreiche Filter ermöglichten es, gezielt nach Spielen oder Verlagen Ausschau zu halten und sich den Weg zum jeweiligen Stand weisen zu lassen. Natürlich vermisse ich den gedruckten Messe-Katalog immer noch. Aber dieser kleine digitale Helfer hat durchaus seine Berechtigung und sich bewährt.

Die BeuteWas mir ein wenig die Freude an der Messe vergällt hat, waren unglaublich viele rücksichtslose Besucher. Zahlreiche Trolleys, als Lastkarren umfunktionierte Kinderwagen oder vollgestopfte Bollerwagen sorgten für den einen oder anderen Stau. Obwohl es im Vorraum einen großzügigen Abstellbereich dafür gab, musste man ständig diesen Stolperfallen ausweichen. Auch mit den überdimensionierten Spiele-Rucksäcken gab es gelegentlich Schwierigkeiten, da deren Träger beim Drehen regelmäßig andere Messebesucher oder Stände abräumten. Vielleicht etwas, bei dem man im nächsten Jahr nachbessern könnte. Auf die Vernunft der Menschen zu hoffen, ist in manchen Fällen wohl eher vergeblich.

Die offiziellen Zahlen des Veranstalter lesen sich wieder beeindruckend. Die SPIEL war an allen vier Tagen mit 220.000 Besuchern ausverkauft. Mehr Aussteller als im Vorjahr (948) zeigten deutlich mehr (1.719) Neuheiten. Hinzu kommt, dass sich durch die Nutzung der Halle 7 die Ausstellungsfläche mit 77.500 qm ordentlich vergrößert hat.

Sonntag, 21. September 2025

 


[Konzert] 
Fïx8:Sëd8
Sonntag, 14. September 2025
Das Rind; Rüsselsheim

Ganze vier Jahre ist es bereits her, dass Fïx8:Sëd8 mit The Inevitable Relapse ihr letztes Album veröffentlicht haben. Die dazugehörigen Auftritte waren sowohl musikalisch als auch optisch recht eindrucksvoll – daher fand ich die lange „Durststrecke“ ohne frisches Material sehr schade. Doch seit Anfang des Jahres mehrten sich die Lebenszeichen auf den Social-Media-Kanälen des finsteren Electro-Projektes. Hier mal ein neuer Soundschnipsel, dort einige Schnappschüsse von Dekos oder Kostümen. Schließlich machten erste Gerüchte über ein geheimes Konzert die Runde, bei dem sowohl Teile des Albums Octagram als auch die dazugehörige Bühnenshow vorgestellt werden sollten.

Mitte Juli gab es auch die offizielle Ankündigung des Longplayers mit der Option auf Vorbestellungen und neues Merchandise. Wer mochte (und kein Ticket hatte), konnte sich dort eine Karte für die „Generalprobe“ der im Oktober beginnenden Tour zulegen. Da ich bis zu diesem Zeitpunkt noch unentschlossen war, ergriff ich nun die Gelegenheit beim Schopf und buchte Album, Shirt und den Konzertbesuch.

Die Location

Was hat Teddy angestellt?

Als ich an dem spätsommerlichen Sonntagnachmittag in Rüsselsheim ankomme, hat sich vor dem Das Rind schon eine veritable Schlange an schwarz gekleideten Gestalten gebildet. Die Stimmung ist ausgelassen, man scherzt über altersgerechte Konzerte bei Kaffee und Kuchen und die (nicht ganz Ernst gemeinte) Frage stellt sich, ob der Gig bestuhlt ist. Dabei stört es auch nicht, dass die Spaziergänger, die das sonnige Wetter für einen Familienausflug an den Main nutzen, dem Treiben eher skeptische Blicke zuwerfen. Kurz vor Einlass läuft eine nette Dame (zu dieser später mehr) die Schlange entlang, entwertet die Karten und verpasst jedem einen Stempel. Dies, so sagt sie, diene um den Ablauf gleich zu beschleunigen. Als dann schließlich die Türen des Rind öffnen, strömt die Menge ungehindert in den kleinen Saal. Der unterbeschäftigte Türsteher hält sich nicht weiter mit Taschenkontrollen oder kritischen Blicken auf die Gäste auf, sondern winkt alle freundlich herein. Bisher hat die ganze Veranstaltung eher den Charakter eines Familientreffens. Das am Rand aufgebaute Kuchenbuffet unterstützt diesen Eindruck weiter. Hinzu kommt, dass sich im Innenraum zahlreiche Freunde und Bekannte versammeln, die ich erst vor wenigen Stunden bei der Zweiten Dunklen Jugend, einer EBM-Party im benachbarten Mainz, gesehen habe.

Willkommen im Rind

Bevor ich mich jedoch unters Volk mische, stehe ich brav in der Schlange, um meine Vorbestellungen abzuholen. An der Ausgabe steht Martin Sane selbst, begrüßt jeden Abholer per Handschlag und drückt den ersten Besuchern noch ein Andenken in die Hand. Später, im Tageslicht, kann ich mir den kleinen Glasbehälter genauer anschauen. Der Korken ist mit metallischen Nadeln durchzogen, im Innern klimpert fröhlich ein Zahn. Etwas speziell – aber konsequent.

Nachdem ich Album und Shirt bei Freunden zwischengelagert hatte (die einen der wenigen Sitzplätze ergattert haben), begebe ich mich in Richtung der spärlich beleuchteten Bühne. Dort gibt es ein freies Fleckchen in der zweiten Reihe, von dem ich einen guten Blick auf das Geschehen vor mir habe. Schon beim Betreten hatte ich Assoziationen mit einschlägigen Horrorfilmen – allen voran natürlich Hellraiser. Jetzt, wo ich die Gegenstände von nahem betrachte, erwecken diese eher den Anschein von künstlerischen Installationen anstatt einfacher Deko. Es gibt unzählige Details zu entdecken und die Bühne ist eigentlich zu klein, um alles richtig in Szene zu setzen. Der bleibende Eindruck ist aber den zahllosen Nägeln, Sägeblättern und Körperteilen vorbehalten, die großzügig verteilt sind.

Hier hat sich hier jemand sehr viel Mühe gegeben, makabre, verstörende und beängstigende Objekte zu erschaffen. Dagegen wirken die Puppen und Kabel der letzten Tour beinahe langweilig.

Fïx8:Sëd8

Nach etwas mehr als einer Stunde hat sich jeder mit Merchandise, Kuchen und Getränken eingedeckt und die ohnehin schon spärliche Beleuchtung verlischt – nur noch die Bühne ist in rotes Licht gehüllt.

Nach einem kurzen Intro nimmt eine Gestalt in schwarzer Kutte (die freundliche Dame, die zuvor die Tickets entwertet hat) den Platz hinter der Elektronik am linken Bühnenrand ein. Bald darauf schiebt ein verschleierter Martin Sane einen, ebenfalls schwarzen und mit zahlreichen Nägeln dekorierten, altertümlichen Kinderwagen an die gegenüberliegende Seite der Bühne.

Kostümwechsel
Die Optik ist schon sehr vielversprechend, aber auch der Opener „New Eden“ vom neuen Album kann musikalisch überzeugen. Nicht übermäßig druckvoll, teils sogar melodisch und eingängig, garniert mit Sprachsamples und abgerundet mit verzerrtem Sprechgesang. Damit setzt die Band konsequent ihren Weg fort und liefert einen gelungenen Vorgeschmack auf den kommenden Tonträger. Schon sehr früh kommt dabei auch Bewegung in den Zuschauerraum – der recht gut gefüllt ist.

Es folgen verschiedene Stücke wild durch die immerhin sechs Alben umfassende Diskografie – und auch Octagram, das Anfang Oktober veröffentlicht wird, kommt nicht zu kurz. Jeder der Tracks setzt einen leicht anderen Schwerpunkt. Mal sind es verstörende Klanglandschaften, mal beatlastige, tanzbare Passagen und hin und wieder klingen gefällige Melodien durch. Gelegentlich kommt gar der Gesang (fast) ohne Verzerrung aus, auch die zweite Stimme, beigesteuert von Victoria Sane, trägt zur Vielseitigkeit bei. Dabei fällt es mir schwer, einen Favoriten auszumachen. Wenn ich wählen müsste, wären dies aber wahrscheinlich „pROGNOSIs“ vom letzten Album und „Parasite Paradise“.

Quasi nackt

Martin Sane verzichtet während des gut zweistündigen Auftritts komplett auf Interaktion mit dem Publikum, dafür liefert er eine beeindruckende, sehr intensive Performance. Die Kostümwechsel, die verschiedene Phasen voneinander trennen, die Einbeziehung der Props, beispielsweise der großen Sanduhr oder der „Organe“ aus dem Kinderwagen, die thematisch passenden Projektionen im Hintergrund heben den Gig deutlich von einem normalen Konzert ab.

Nachdem die Sanduhr bereits durchgelaufen ist, geht es langsam dem Ende des Auftritts entgegen. Dabei verzichten die beiden Musiker schließlich auf Kutten, Regenmäntel, Krallen und Masken und präsentieren sich dem Publikum ausnahmsweise von Angesicht zu Angesicht.

Wie war’s?

Die Neugier auf neues Material von Fïx8:Sëd8 war groß – und Martin Sane hat nicht enttäuscht. Musikalisch setzen die Tracks von Octagram den eingeschlagenen Weg fort – düsterer, atmosphärischer Electro, dennoch eingängig und stellenweise sogar tanzbar. Was die Band deutlich abhebt, ist die wirklich eindrucksvolle visuelle Komponente, die sich konsequent durch Darbietung, Deko und Merchandise zieht und die Stimmung der Musik perfekt ergänzt. Während sich die meisten anderen Künstler des Genres damit begnügen, sich an ihrem Mikrofonständer festzuhalten oder wild über die Bühne zu toben, bekommen die Zuschauer hier eine regelrechte Performance geboten.

Sowas will ich auch...

Obwohl es sich „nur“ um eine Generalprobe handelte, gab es keine größeren Pannen. Zumindest wäre mir nichts aufgefallen – mal von einer abgebrochenen Kralle beim Handschuh abgesehen. Der ganze Auftritt wirkte in sich geschlossen und durchdacht. Unterstützt wurde das Ganze durch die lockere, familiäre Atmosphäre, entspannte Unterhaltungen und zwei glänzend aufgelegte Künstler, die hier etwas Beeindruckendes auf die Beine gestellt haben. Dabei hat mich doch das Einzugsgebiet verwundert. Neben mir an der Bühne standen Fans aus Augsburg, draußen hatte ich mich mit Ruhrgebietlern unterhalten.

Wer mehr Bilder von diesem grandiosen Konzert sehen möchte, wird HIER fündig.

Und wer sich lieber selbst von der Qualität des Auftritts überzeugen will (was ich sehr empfehle), kann Fïx8:Sëd8 auf der kommenden Lessons in Humility-Tour ab Mitte Oktober einen Besuch abstatten.

 

Sonntag, 11. Mai 2025

Nouvelle Vague; Nadeah


[Konzert] Nouvelle Vague

Support: Nadeah
Montag, 5. Mai 2025
Frankfurter Hof; Mainz

 

Bei meiner immerwährenden Suche nach spannenden Cover-Versionen stieß ich vor einigen Jahren, auf Empfehlung eines Bekannten, auf Nouvelle Vague. Das französische Duo (zusammen mit wechselnden Musikern und Sängerinnen) konzentriert sich darauf Klassiker aus den Bereichen Punk, Gothic oder auch New Wave neu zu arrangieren und einzuspielen. Vor allem die Versionen von "Bela Lugosi's Dead" und "A Forest" hatten es mir dabei sehr angetan. In kurzer Folge verleibte ich daher die bisher erschienenen Alben meiner Sammlung ein.

Während sich bei den ersten Veröffentlichungen der Stil der Band auf Bossa Nova oder Easy Listening beschränkte, wurde das Repertoire im Laufe der Jahre vielschichtiger. Mit Should I stay or schould I go legen Nouvelle Vague ihr mittlerweile sechstes reguläres Studioalbum vor; das erste nach dem Tod von Olivier Libaux, einem der beiden musikalischen Köpfe.

Erst wenige Tage zuvor hatte ich erfahren, dass die Band auf ihrer "Should I stay or schould I go"-Tour auch in Mainz Station macht. Da die Zeit für den üblichen Ticket-Versand per Post zu knapp wird, verabschiede ich mich ungewöhnlich früh aus dem Büro und mache mich auf den Weg auf die andere Rheinseite in die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt.
 


Nachdem ich für die wenigen Kilometer eine geschlagene Stunde brauche, sind die Nerven bereits leicht strapaziert, als den Wagen im Parkhaus abstelle. Der Fußweg zur Tourist-Information, die auch den Ticket-Verkauf übernehmen, ist nicht ohne Risiko, muss ich mich doch vor mehreren rücksichtslosen Radfahrern auf der Rhein-Promenade in Sicherheit bringen. Als ich dann endlich die Eintrittskarte in der Hand halte, fällt mir auf, dass der QR-Code nicht lesbar ist - der Drucker vor Ort ist defekt und produziert Fehlstellen. Definitiv nicht mein Tag!

Die Location

Es ist mittlerweile bestimmt schon zehn Jahre her, dass ich das letzte Mal im Frankfurter Hof inmitten der Mainzer Altstadt war. Da noch ein wenig Zeit ist, nutze ich die Gelegenheit und schlendere durch die kleinen Gassen und Hinterhöfe. Seit meinem letzten Besuch hat sich hier viel verändert - häufig nicht zum besseren. Immerhin sind einige Orientierungspunkte erhalten geblieben, so beispielsweise die Currywurst-Bude, an der ich mir ein leckeres (aber erstaunlich teures) Abendessen gönne. So verstreicht die Zeit und ich stehe pünktlich um 19 Uhr vor dem Eingang zur Location. Der Besucherandrang hält sich zu diesem Zeitpunkt in einem überschaubaren Rahmen - so bleibt mir Gelegenheit mich zu orientieren. Im Innern hat sich glücklicherweise wenig geändert. Im Saal selbst musste die Bestuhlung weichen, nur an den Rändern gibt es noch eine Handvoll Sitzmöglichkeiten. Während immer mehr Besucher in den Raum kommen, suche ich mir einen gemütlichen Platz an einer der Säulen und warte auf den Konzertbeginn.

Nadeah

Kurz nach 20 Uhr betritt Nadeah mit ihrer Gitarre die Bühne. Die Musikerin und Sängerin hat schon mehrfach für Nouvelle Vague hinter dem Mikrofon gestanden - ist aber mittlerweile hauptsächlich als Solo-Künstlerin unterwegs. Nach einer Ansage auf Deutsch vom Band erzählt die gebürtige Australierin etwas von sich und den neuen Stücken des Sets. Meist dreht es sich dabei um erstaunlich unspektakuläre Alltagsgeschichten über das Leben abseits von Instagramm, Aufwachsen in den 1990ern, Hausarbeit oder Konsumterror.


Die musikalische Begleitung aus lockeren, entspannten Gitarrenakkorden - die in Kontrast zu den melancholischen, kritischen Texten stehen. Zwischen den einzelnen Stücken gibt es nette kleine Geschichten aus dem Leben der Künstlerin, zur Entstehungsgeschichte der Lieder oder auch einen Crash-Kurs in australisch. Zwischenzeitlich bekommt die Sängerin Verstärkung an den Saiten durch Art Menuteau, mit dem sie im letzten Jahrtausend in einer Band gespielt hat. Im Anschluss wird der Sound phasenweise durchaus rockig - das Publikum darf sogar die Rolle des Perkussionisten einnehmen.
Mit ihrem gut halbstündigen Set hinterlässt die Musikerin einen sympathischen Eindruck, nicht zuletzt Dank der intensiven Interaktion mit den Zuschauern. Insgesamt eine tolle Einstimmung auf die Hauptband - die dann auch nach kurzer Umbaupause die Bühne betritt.

Nouvelle Vague

Pünktlich um 21 Uhr verlöschen die Lichter im Saal - bis auf zwei blaue Strahler, die die Musiker in Schatten Hüllen. Bei den ersten Tönen von "Love will tear us apart" befindet sich Sängerin Mélanie Pain noch im Backstage-Bereich und bewegt sich erst im Verlauf des Stückes in Richtung des Bühnenrandes. Aus dem unsagbar beklemmenden Original von Joy Division macht die Band (Gitarre, Keyboard, Bass, Schlagzeug und Percussion) eine lockere, gelöste Nummer, die in einer Cocktail-Lounge nicht fehl am Platz wäre. Zusammen mit dem unüberhörbaren franzözischen Akzent der Sängerin ergibt sich daraus eine interessante Version, die unbestreitbar ihren Anteil am nachhaltigen Erfolg von Nouvelle Vague hat.


Danach machen sich die Musiker an einem von mehreren Depeche Mode-Stücken an diesem Abend zu schaffen. Für "People are People" kommt eine zweite Sängerin (deren Namen ich leider nicht weiß) auf die Bühne. Musikalisch orientiert sich das Ganze eher an aktuellen Singer/Songwriter-Nummer. Aber es ist vor allem der Kontrast der beiden weiblichen Stimmen, der diesem und auch vielen der folgenden Tracks seinen Reiz verleiht.
Es folgt ein wilder Streifzug durch die 1980er Jahre. New Wave, Synthie Pop, Gothic, Post Punk oder gar NDW werden in unterschiedlichsten Stilen gecovert. So wird aus "This is not a Love Song" eine perkussionslastige Bossa Nova-Nummer, "Girls on Film" kommt als locker swingender Jazz daher. Bei den folgenden "A Forest" und "Marian" bleiben die gruftigen Wurzeln allerdings erhalten. Besonders Schlagzeug und vor allem der Bass tragen daran ihren Anteil. Praktisch nur mit Gitarre und ein klein wenig Perkussion kommt "Eisbär" aus - dafür unterstützt das Publikum die beiden Sängerinnen beim Refrain tatkräftig. Dagegen ist "Should I stay or should I go", das Album und Tour seinen Namen gibt, kaum zu erkennen. Minimale Instrumentierung, Flamenco-Einflüsse und ein orgelndes Keyboard sorgen für die Untermalung. Erst gegen Ende nimmt das Stück deutlich an Fahrt auf und ein Blick in den Saal zeigt eine einheitliche hüpfende Menge. Schließlich werden wieder Depeche Mode bemüht. "I just can't get enough", zweistimmig gesungen endet mit einem überaus beeindruckenden Schlagzeug-Solo. Dabei besteht die einzige Beleuchtung auf der Bühne aus zwei Taschenlampen, die an den Drumsticks befestigt sind.
 


Nach diesem kleinen Intermezzo folgt mein persönliches Highlight des Abends. Ich bin ein bekennender Bauhaus-Fan, aber diese Version von "She's in Parties" kann durchaus mit dem Original mithalten. Die Stimmung ist beklemmend, das Schlagzeug dominiert, während der gestrichene Bass für einige atonale Verwerfungen sorgt. Um das Ganze abzurunden liefert das Keyboard eine erstklassige Bond-Soundtrack-Hommage.
>Für das folgende "Guns of Brixton" kommt Nadeah wieder auf die Bühne und die beiden anderen Sängerinnen beschränken sich auf Background-Vocals und Percussion. Auf Konserve eines meiner Lieblingsstücke und auch live macht es Spaß - nicht zuletzt wegen der gelungenen Pfeifeinlage. Für "Too Drunk to Fuck" zieht die Band das Tempo deutlich an - stilistisch geht es in Richtung Rockabilly mit großzügiger Surf-Gitarre.


Im Innenraum tanzen derweil zahlreiche Ü50er - teils in Abendgarderobe - zu einem Stück, das im Original von Dead Kennedys stammt. Eine sehr interessante Erfahrung. Es folgen noch Klassiker, "Master & Servant" und "Shout, obskurere Stücke wie "Human Fly", "This Charming Man" oder "In a manner of speaking", bevor die Band kurz vor 23 Uhr die Bühne verlässt.

Es ist zwar schon spät und eigentlich muss ich morgen früh wieder an meinem Arbeitsplatz sitzen, aber einen Abstecher an den Merch-Stand lasse ich mir nicht nehmen. Sowohl das neue Album von Nadeah als auch Should I stay or should I go wandern (natürlich signiert) in meine Tasche. Nach einem kleinen Schwätzchen mit den Musikern mache ich mich schließlich auf den Weg zum Auto und von dort nach Hause.

Wie war's?

Die Cover-Versionen Nouvelle Vague funktionieren live erstaunlich gut und ich war positiv überrascht. Neben Bossa Nova und Easy Listening hat die Band ihre Bandbreite um Americana, Rockabilly, Psychedelia, Swing, Jazz und einige weitere Versatzstücke erweitert.


Dies tut den Liedern ausgesprochen gut und es kommt keinerlei Langeweile auf. Teilweise gelingt es Marc Collin sogar, einzelne Aspekte der Stücke besonders herauszuarbeiten und die Stimmung der Originale zu übertreffen. Grade bei den Covern aus dem Gothic-Bereich funktioniert das hervorragend - was auch an den beiden Sängerinnen liegen dürfte. Zweifellos hat die Band viel richtig gemacht, denn das Publikum ging praktisch von Anfang bis Ende mit und es war meist Bewegung im Saal. Die Set-List deckte ein weites Spektrum ab - von Stücken an denen man in den 1980er nicht vorbei kam, über Tracks die auch heute nach oft im Radio oder auf einschlägigen Partys gespielt werden, bis hin zu obskurem Zeug, bei denen die Originale nur eingefleischten Fans bekannt sein dürften.


Ein oder zwei Sachen hätte ich gerne noch gehört - aber ich will mich nicht beschweren. Zum gelungenen Konzert hat Nadeah (eigentlich Nadéah Miranda) mit ihrer lockeren, direkten Art sicherlich ihren Anteil gehabt, was auch vom Publikum entsprechend honoriert wurde.

Der Frankfurter Hof hat sich glücklicherweise seit meinem letzten Besuch kaum verändert. Die Atmosphäre ist immer noch entspannt und familiär. Keine übel gelaunte Security, kein überfordertes Personal an der Theke und keine abbruchreifen sanitären Einrichtungen verderben hier den Konzertbesuch. Leider stehen jedoch kaum Veranstaltungen im Programmplan, die mich zum Besuch reizen. Aber das kann ja noch werden...

 


 

Samstag, 9. November 2024

SPIEL '24



[Messe] SPIEL '24

02. bis 06. Oktober 2024 
Grugahallen, Essen

 

Die Vorbereitungen

2023 hatte es, nach nunmehr vierjähriger Abstinenz, nur für einen eintägigen „Schnupper-Besuch“ auf der SPIEL gereicht. Erwartungsgemäß hatte ich an diesem einen Tag nur wenig von der Messe gesehen und mehr Zeit damit verbracht, alte Kontakte und Bekanntschaften zu reaktivieren. Nun wollte ich es in 2024 besser machen und wieder das volle Programm absolvieren. Die Veranstaltung war in diesem Jahr ungewöhnlich früh – die Eröffnung fand am 3. Oktober, einem Feiertag statt. Meines Wissens gab es diese Konstellation bisher noch nicht.

Die ModerationDie Organisation im Vorfeld verlief wie gewohnt sehr entspannt und professionell – an dieser Stelle vielen Dank an den Friedhelm Merz Verlag für die prompte Akkreditierung. Schwieriger gestaltete sich die Buchung eines Hotelzimmers. Aber auch hier war ich schließlich erfolgreich und landete im gleichen Hotel UND Zimmer wie bereits 2019. Sogar mein Chef hatte ausnahmsweise keine Einwände gegen den Urlaub und so konnte ich mich an die Detailplanung machen. Nach so langer Abwesenheit wollte ich gerne wieder persönlich bei dem einen oder anderen Verlag vorbei schauen. Zahlreiche Anfragen später hatte ich auch einen recht umfangreichen Terminplan – der mir allerdings genug Zeit für Streifzüge durch die Hallen ließ. Auch Gelegenheiten, mich mit Freunden und Bekannten zu treffen, hatte ich eingeplant, ebenso wie ein lockeres Abendprogramm.

Je näher der Termin rückte, desto mehr Hektik setzte bei mir ein. Es galt, einen Ablaufplan zu schreiben, mich auf die Verlagsneuheiten vorzubereiten und noch einige Besorgungen zu erledigen. Doch schließlich meisterte ich auch diese Hürden und belud spät am Dienstag meinen Wagen.

Ich kann mich nicht daran erinnern, wann die Fahrt nach Essen zum letzten Mal so reibungslos vonstattenging, wie in diesem Jahr. Trotz zahlreicher Baustellen und gelegentlich stockendem Verkehr bog ich fast 90 Minuten vor der Eröffnungskonferenz auf den Parkplatz ein. Die Wartezeit überbrückte ich mit einem entspannten Frühstück in einer nahegelegenen Bäckerei, bevor ich mich schließlich den Pressevertretern und Ausstellern anschloss, die in Richtung des Eingangs pilgerten.

Mittwoch, 2. Oktober 2024

Traditionell beginnt die SPIEL am Mittwoch vor der eigentlichen Eröffnung mit einer Pressekonferenz und der Neuheiten-Schau. Schon hier gibt es für mich die ersten Neuerungen. Die Veranstaltung findet nicht mehr in einem der Konferenzsäle statt, sondern im Eingangsbereich Ost. Und auch sonst hat das neue Orga-Team verschiedene Änderungen angestoßen, die den Messeablauf mal mehr, mal weniger stark beeinflussen.

MeepsVor allem fällt ein Herr, gekleidet in Felle und Kettenhemd, auf, dessen finstere bärtige Züge schon von zahlreichen Messeplakaten bekannt sind. Dem musikalisch interessierten Spieler ist natürlich klar, dass es sich hier um Alea handelt – seines Zeichens Sänger und Frontmann der Mittelalter-Rocker von Saltatio Mortis. Dieser ist in das „Gesicht“ der SPIEL, unterstützt bei der Moderation und plaudert über seinen Bezug zu Spielen.

Auch das Messe-Maskottchen Meeps ist in diesem Jahr allgegenwärtig. Es wandert in Überlebensgröße durch die Hallen und lässt sich geduldig von Besucher ablichten. Auch sonst ist die Figur überall präsent, sei es auf Plakaten und Aushängen, als Miniatur beim Speed-Painting, allerlei Merchandise und sogar als Titelfigur des messeeigenen Brettspiels Loot von Skellig Games.

Nachdem die Begrüßungsformalitäten erledigt sind und jeder seinen Platz gefunden hat, beginnt die eigentliche Pressekonferenz. Traditionell gibt es hier einen Überblick auf die aktuelle Entwicklung der Spielebranche, sowohl auf dem heimischen Markt, als auch im internationalen Geschäft. Zahlreiche Fragen aus dem Besucherraum werden dabei beantwortet, Ausblicke und Prognosen vorgestellt und generell mit vielen Zahlen untermauert.

Einer der Höhepunkt der Veranstaltung ist immer wieder die Verleihung des Deutschen Spielepreises. In diesem Jahr kann Mischwald von Lookout die begehrte Trophäe einstreichen, dicht gefolgt von Sky Team und Die Weiße Burg. Bei den Kinderspielen gewinnt Die magischen Schlüssel den Preis.

Zwischendurch kommen immer wieder Meldungen über die offizielle Messe-App, dass Tages-Tickets zur Neige gehen und schließlich das Kontingent ausgeschöpft ist. In meinen gut 25 Jahren auf der SPIEL ist so etwas noch nie vorgekommen, glaube ich.

Nach diesem offiziellen Teil wird die Neuheitenschau eröffnet. Diese Gelegenheit nutzen viele Verlage als „Schaulaufen“ um ihre Spiele dem geneigten Fachpublikum zu präsentieren. Für mich ist es eine willkommene Möglichkeit, einen Blick auf einen Großteil der Neuheiten zu werfen und in meine Planung für die nächsten Tage einzubeziehen. Außerdem kann man noch in relativ entspannter Atmosphäre mit den Verantwortlichen und Besuchern plaudern.

Ausgelassene Stimmung
Für mich sind vor allem die kleineren Verlage interessant, die normalerweise unter dem Radar fliegen. So haben es beispielsweise Buró zum ersten Mal auf die SPIEL geschafft. Die Argentinier haben sich auf schnelle, einfache und teils geschmacklich fragwürdige Partyspiele spezialisiert – die es auch in deutscher Sprache gibt. Nach einem ausgedehnten Plausch mit der freundlichen Dame am Stand nimmt sie mir das Versprechen ab, sie am Folgetag zu besuchen und eine Testrunde zu spielen.

Nur wenige Meter weiter sehe ich mich am Stand von HASBRO unvermittelt Eric M. Lang gegenüber, der beim Verlag Leben in Reterra veröffentlicht hat. Nach einem kurzen Abriss über das Spiel und seine Empfehlungen für die Messe verabschiede ich mich und geh zu meinem ersten „offiziellen“ Termin.

Der Stand von Piatnik ist, wie bei vielen anderen Verlagen, sehr hübsch anzuschauen und thematisch dekoriert. In diesem Fall steht das Umzugsspiel Moving Day im Vordergrund, bei dem es darum geht, seine Umzugsfahrzeuge möglichst effizient zu nutzen. Da mein letzter Umzug noch nicht so lange her ist, kann ich mich sehr gut in das Spiel hinein versetzen. Auch das Legespiel Calcada macht einen interessanten Eindruck. Besonders gefällt mir jedoch Perfect Words und ich probiere gerne eine schnelle Partie aus.

Ab in den Dungeon

Mit Hansi Kürsch, dem Sänger von Blind Guardian läuft mir ein weiterer Musiker über den Weg. Schaut man sich das Schaffen, der Band an, so stellt sich die Frage, warum vorher noch niemand auf die Idee kam, ein Spiel passend zum epischen Fantasy-Metal zu entwerfen. Mit From the Other Side, einem Dungeon Crawler, wird diese Lücke nun geschlossen. Ich lasse mir vom Autor eine kleine Einführung geben. Es gibt hier tatsächlich einige originelle Elemente, die es von anderen Titeln des Genres abheben und ich nehme mir vor, das Ganze bei Gelegenheit genauer zu betrachten.

Weiter geht es durch die Halle, in der es viele kleine, aber feine Dinge zu entdecken gibt. Die (relative) Ruhe nutze ich zudem, um mich ausgiebig mit dem Standpersonal zu unterhalten und die recht hübschen und zahlreichen Walking Acts zu bestaunen.

Am frühen Nachmittag habe ich jedoch alles gesehen, was ich sehen musste und mache mich auf den Weg zum Hotel in Oberhausen. Hier hat sich augenscheinlich nichts seit meinem letzten Aufenthalt vor fünf Jahren geändert – was irgendwie tröstlich ist. Nach einer kurzen Pause erledige ich noch einige Besorgungen für Donnerstag und Freitag. Schließlich treffe ich mich abends mit Bekannten bei den nahegelegenen Burger Nerds auf einen leckeren (und sehr mächtigen) Burger.

Donnerstag, 3. Oktober 2024

Etwas zerknirscht mache ich mich morgens auf den Weg nach Essen und komme erneut viel zu früh am Parkplatz an. So bleibt mir Zeit für ein kurzes Frühstück, während dem ich ein letztes Mal meine Termine und Notizen durchgehe.

Die Schlange wächst langsam aber sicher an, doch glücklicherweise kann ich mit meiner Akkreditierung in einen etwas abgelegenen Bereich – hier hält sich das Gedränge in einem überschaubaren Rahmen. Dennoch lassen sich einige ungeduldige (und uneinsichtige) Besucher immer wieder auf Diskussionen mit dem Sicherheitspersonal ein. Auch das Verbot von überdimensionierten Rucksäcken sorgt für Unmut, obwohl es im Voraus ausreichend kommuniziert wurde.

Als der Startschuss fällt, läuft der Einlass jedoch recht zivilisiert und zügig ab – zumindest soweit ich das beurteilen kann. Hier hatte es in den vergangenen Jahren immer wieder Engpässe gegeben. Doch das Personal an den Toren hat die Lage im Griff und ist auch zahlreich vertreten. Eine deutliche Verbesserung zu meinen vorherigen Besuchen.

Warten auf den StartschussIch beeile mich, einige Besorgungen zu erledigen – erfahrungsgemäß sind manche Dinge schnell ausverkauft. Meine Spielerunden haben mir eine umfangreiche Wunschliste mitgegeben, ebenso wie Kollegen. Dank der Messe-App finde ich mich gut zurecht und kann die Beute in Rekordzeit zusammenraffen. Nach gut einer Stunde ist der Rucksack prallvoll und ich gehe zu einem Zwischenstopp ans Auto. Vor der zweiten Runde geht es auf einen Abstecher ins neue Pressezentrum, dass nun über dem Eingang der Halle Ost liegt. Wie bei so vielen anderen Dingen muss ich mich daran gewöhnen. Bis zu meinem ersten Termin ist noch ein wenig Zeit und so besuche ich die Stände von Bekannten, um mich nach langer Abwesenheit wieder zurückzumelden.

Nachdem ich am Vortag bei der Neuheiten-Schau einen Blick auf Loot das offizielle Spiel zur Messe, werfen konnte, gehe ich zügig zu Skellig Games. Bereits gestern ging das Gerücht, dass die Vorräte begrenzt sind – und diese Gelegenheit wollte ich mir nicht entgehen lassen. Das Spiel selbst präsentiert sich als „Roll & Draw“, bei dem die Spieler mittels Würfelwürfen möglichst alle Stände der SPIEL abklappern müssen, um die meiste Beute bzw. Punkte anzuhäufen. Spielerisch sicherlich keine Offenbarung, aber ein sehr nettes, kurzweiliges Spiel mit passendem Thema.

In einem abgetrennten Bereich der Messe haben die größeren Verlage ihre separaten Gesprächsräume eingerichtet. Ich biege falsch ab und lande in einer Veranstaltung von Asmodee – bemerke meinen Fehler aber glücklicherweise schnell und finde den richtigen Eingang zu Schmidt Spiele. Hier ist es angenehm ruhig und die Atmosphäre entspannt – kein Vergleich zu Hektik nur wenige Meter entfernt in der Halle. Hier bekomme ich einen umfangreichen Überblick über die Neuheiten, wobei für mich davon nur relativ eine Handvoll Titel interessant sind. Forbidden Jungle und Skull Queen sind die beiden Spiele, die mich dabei am meisten ansprechen. Das freundliche (und kompetente) Personal gibt mir daher einen ausführlichen Einblick in Aufmachung und Spielmechaniken.

3 Chapters

Weiter geht es zu Amigo. Die Neuheiten des Verlags hatte ich mir bereits einige Tage vorher bei der hauseigenen Messe in Dietzenbach angeschaut und Probe gespielt. Allerdings war meine übliche Ansprechpartnerin nicht vor Ort gewesen. Daher lasse ich es mir nicht nehmen, hier kurz vorbei zu schauen und „Hallo!“ zu sagen – zumal der nächste Termin schräg gegenüber auf mich wartet.

Erwartungsgemäß haben auch abacusspiele einige Neuheiten im Programm. Mit Anno Domini – Eco findet eine meiner Lieblingsspieleserien eine Fortsetzung und ich kann einen ersten Blick auf die Karten werfen. Deutlich umfangreicher kommt Camargue daher. Bei diesem Legespiel müssen die Spieler Landschaften zusammenstellen und dabei entsprechend Punkte kassieren. Die hübsche Optik und das unaufgeregte Spielprinzip sorgen dafür, dass ich es auf meine To-Do-Liste packe. Zudem legt mir meine Ansprechpartnerin noch Up or Down? ans Herz – ein kurzweiliges Kartenablage und -sammelspiel aus der Feder von Wolfgang Kramer und Michael Kiesling.

Im Anschluss muss ich mich beeilen, um meine letzte Verabredung für diesen Tag nicht zu verpassen. Der Weg zu NSV hat in der App gar nicht so weit ausgesehen, doch die Gänge sind voll und ich weichehäufig von der „Hauptroute“ ab. Dennoch erreiche ich mein Ziel – grade so. Der Verlag hat sich schon lange auf schnelle, unkomplizierte Würfel- und Kartenspiele spezialisiert. Auch die diesjährigen Neuerscheinungen bilden hier keine Ausnahme. Mein besonderes Augenmerk gilt dem Kartenlegespiel Sideboards, bei dem die Spieler Kommoden nach Farben und Mustern zusammenstellen müssen. Außerdem gefällt mir das Konzept von Charidice recht gut. Wie bei unzähligen anderen Würfelspielen gilt es hier bestimmte Kombinationen zu erwürfeln. Originell ist dabei allerdings, dass man seine Mitspieler mit Würfeln beschenken kann. Nach weiterem Smalltalk verabschiede ich mich und habe damit mein offizielles Messeprogramm für heute abgeschlossen.

Was mir in diesem Jahr auffällt, sind die Vielzahl an Krimispielen und vor allem Krimi-Dinnern. Da ich immer nach neuem Futter für meine verschiedenen Spielerunden bin, schaue ich mir interessiert die Veröffentlichungen an. Von vielen der ausstellenden Verlage habe ich noch nicht einmal etwas gehört – daher sind deren Spielen umso spannender. Mein erster Halt ist dabei Parameter B. Hier ist es vor allem die geringe Spielerzahl (und natürlich die Thematik), die Irren ist tödlich für mich interessant macht. Die Leiterin einer Nervenheilanstalt wurde in ihrem Büro getötet und einer der vier Insassen ist dafür verantwortlich. Eine willkommene Abwechslung zu den Runden, die meist acht oder gar zehn Teilnehmer erfordern.

Ein Kindheitstraum!Obwohl es den bayerischen Samhain Verlag bereits seit 15 Jahren gibt, ist mir dieser völlig unbekannt. Die Bandbreite der Veröffentlichungen ist thematisch breit gefächert. Nach einem längeren Gespräch mit Verlagsleiter und Autor Roger Krykon entscheide ich mich gleich für drei Spiele – was rein gar nichts mit dem passenden Likör. Bei Die Kommune gilt es, den heimtückischen Mord an der WG-Ratte aufzuklären. Die Verlobungsfeier führt ins finstere Mittelalter an einen Fürstenhof. Während der Feierlichkeiten kommt dabei der Vater der Braut unter merkwürdigen Umständen zu Tode. Und zu guter Letzt wandert noch Ruf der Tiefen in meinen Rucksack. Kingsport, tiefe Wesen, Wahnsinn und Kultisten – die ideale Nebenbeschäftigung für meine Cthulhu-Spielrunde.

Kein Messebesuch ohne einen Abstecher bei Freebooter Miniatures. Werner Klocke und seine Crew stellen nicht nur eine neue Fraktion für ihr grandioses Piraten-Skirmish-Tabletop Freebooters Fate vor, sondern haben dazu passendes MDF-Gelände im Gepäck. Traditionell decke ich mich bei dieser Gelegenheit mit der Messe-Figur und anderen limitierten Püppchen ein. Auch komme ich nicht drumherum meine Mannschaft(en) gezielt mit einigen Neueingängen zu verstärken. Das Hauptaugenmerk liegt jedoch auf Ascending Fate, dem neuen SciFi-Spiel des Verlags. Nach einer kurzen Testrunde widerstehe ich erfolgreich dem Drängen, mir Regeln und Figuren zu kaufen. Noch ein System kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren.

Die Halle hat sich zwischenzeitlich deutlich geleert – es geht auf Messeschluss zu. Bevor ich mich auf den Heimweg mache, schaue ich, wie versprochen, bei Buró vorbei. Die Auswahl an Trink- und Partyspielen ist wirklich breit gefächert. Nach weiterer kompetenter Beratung packe ich schließlich Beschissene Freunde und Beschissene Entscheidungen ein. In beiden Spielen wird (offen) über bestimmte Fragen abgestimmt, was bei deren Natur ein gewisses Konfliktpotential birgt. Sicherlich keine Spiele für die harmoniebedürftige Familienrunde – aber mit den richtigen Mitspielern sollten sie durchaus Spaß machen.

Nicht ganz geschmackssicher

Um beim Thema der fiesen Partyspiele zu bleiben, mache ich zum Schluss noch einen Abstecher zu Kampfhummel, einem Verlag aus der Schweiz, der sich auf dieses Genre spezialisiert hat. Diesmal handelt es sich bei der Neuheit um Arschlochmensch – den Nachfolger des großartigen (und nur ein klein wenig bösen) Arschlochkind. Nach einem kurzen Schwätzchen mit dem Standpersonal und dem obligatorischen Schnaps wandert das Spiel gleich in dreifacher Ausführung zu meinen Einkäufen. Jetzt schon an Weihnachten denken!

Dieser erste „richtige“ Messe-Tag hat mich doch mehr mitgenommen, als ich erwartet habe. Wahrscheinlich bin ich solche Veranstaltungen einfach nicht gewohnt. Daher beschränke ich mich auf ein bisschen Fast Food auf dem Weg zum Hotel und spare mir die abendliche Tour durch das Oberhausener Nachtleben. Schließlich sitze ich ziemlich geschafft in meinem Zimmer und betrachte mit leuchtenden Augen die Beute des Tages. Schon bald dämmere ich jedoch weg und werde rüde am nächsten Morgen durch den Wecker aus dem Schlaf gerissen.

Freitag, 4. Oktober 2024

Den Freitag beginne ich erstaunlich fit und entspannt mit einem Frühstück in der Bäckerei eines benachbarten Supermarktes. Frisch gestärkt kämpfe ich mich durch den allmorgendlichen Berufsverkehr gen Essen. Dem Brückentag geschuldet halten sich die Staus glücklicherweise in einem überschaubaren Rahmen. So komme ich tatsächlich mit intaktem Nervenkostüm auf dem Parkplatz vor den Gruga-Hallen an. Hier hat sich schon eine größere Menschenmenge gebildet, die kurz darauf in der riesigen Vorhalle verschwindet. Ich folge der Masse, biege aber rechtzeitig ab, um in den abgetrennten Zugangsbereich zu gelangen.

Der zweite Messetag beginnt mit einem Besuch bei HeidelBÄR Games. Die Klapperschlange hatte ich bereits zuvor in Nürnberg angespielt. Daher konzentriere ich mich auf die ganz, ganz frischen Veröffentlichungen. Bei Snatch It! muss man als Frosch Insekten verschlingen und dabei dem gefrässigen Storch aus dem Weg gehen. Alleine die putzigen Illustrationen machen das Spiel lohnenswert. Die Neuauflage von Mü & mehr hat hier ihr neues Heim gefunden. Da dieser Klassiker bisher komplett an mir vorbeigegangen ist, werfe ich auch hierauf einen neugierigen Blick. Und schließlich gibt es mit Yro ein japanisch angehauchtes Fantasyspiel, bei dem es darum geht, eine mächtige Abenteurergilde aufzubauen. Bisher kannte ich nur einige Artworks, aber diese konnten überzeugen. Nach einem schnellen Testlauf weckt auch das Spiel selbst meine Neugier.

Schon am Vortag war mir der Stand von Van Ryder Games aufgefallen. Nun habe ich die Zeit, die hier ausgestellten Spiele genauer in Augenschein zu nehmen. Obwohl der Verlag eine ganze Reihe an Detektiv- und Gesellschaftsspielen hat, steht auf der Messe das Solo-Spiel Final Girl mit seinen zahlreichen Erweiterungen und Ausbau-Sets im Vordergrund. Thematisch konzentrieren sich die Spiele auf die, aus Horrorfilmen bekannte, finale Konfrontation zwischen der letzten Überlebenden und dem Monster/Slasher/Alien/Untoten. Zum einen finde ich die Grundidee sehr charmant und auch die Umsetzung kann, zumindest im kurzen Testspiel, voll überzeugen. Hier wandern die Grundbox und zwei weitere Szenarien in meinen Rucksack. Genau das richtige für winterliche Spieleabende.

RuhezoneGenerell ist das Thema Horror auf der diesjährigen Messe gut vertreten. So konzentriert sich beispielsweise Pagan von Wyrmgold auf den Machtkampf zwischen Hexe und Hexenjäger in der frühen amerikanischen Siedlung Roanoke. Hier wetteifern zwei Spieler um Macht, Einfluss, Verbündete und dämonische Kräfte. Neben der atmosphärischen Aufmachung ist es auch die Thematik, die mich hier zugreifen lässt. Das Grundspiel, die Erweiterung und drei Kartenpacks gesellen sich zur bisherigen Beute. Wie ich vor kurzem feststellen musste, ist meine heimische Auswahl an Zwei-Personen-Spielen eher überschaubar; und hier bietet sich eine willkommene Gelegenheit dem Abhilfe zu schaffen.

Nachdem die Konsumgelüste fürs erste befriedigt sind, mache ich mich wieder an die „Arbeit“ und schaue bei HCM Kinzel vorbei. Bei den meisten Neuerscheinungen passe ich nicht in die Zielgruppe. Doch schon die beiden Vorgänger von Next Station Tokyo haben mir sehr gut gefallen und auch der neueste Ableger der Serie enttäuscht nicht. Die Regeln sind etwas komplexer, der Fahrplanbau ist etwas schwieriger, aber die Testpartie macht schon Spaß. Für Score 5 wird kurzerhand ein weiterer Pressevertreter zwangsrekrutiert. Ich finde das Bietspiel recht originell – allerdings sind drei Mitspieler definitiv zu wenig. Das muss ich bei Gelegenheit in größerer Runde ausprobieren.

Kommt mir bekannt vor...

Zwischendurch treffen wir uns mit einer größeren Gruppe auf dem Außengelände für eine verspätete Mittagspause. Hier stehen ausnahmsweise nicht die Spiele im Vordergrund – wobei hier auch reichlich Tipps ausgetauscht werden. Aber in erster Linie geht es um das Auffrischen alter Freundschaften; wir haben uns teils schon seit mehreren Jahren nicht gesehen. Diese Treffen sind jedes Mal der heimliche Höhepunkt der SPIEL. Nachdem wir uns alle gestärkt und ein wenig von den Strapazen erholt haben, stürze ich mich wieder ins Getümmel.

Meine nächste Station ist der Stand von Remarkable Miniatures. Hier hat sich ein Bekannter den (Alp-)Traum einer eigenen Miniaturenserie verwirklicht. Die Figuren sind recht speziell und zeigen die düsteren Varianten von Märchen- und Sagengestalten – mir gefallen sie sehr. So sehr, dass ich einmal fast das komplette Sortiment einpacke. Am Vortag waren alle Püppchen ausverkauft, so dass er zu seinem Drucker ins benachbarte Ausland fahren musste, um Nachschub zu holen. Dazu passend sind direkt nebenan ständig 3D-Drucker am werkeln und spucken neue Figuren aus erstaunlich stabilem Material aus. Da ich mich sowohl beruflich wie auch privat mit dieser Technik auseinandersetze, frage ich die Standbetreibern gründlich aus, bevor ich weiter ziehe.

In unmittelbarer Umgebung gibt es zahlreiche Stände, die sich mit der Miniaturenbemalung und dem dazu benötigten Zubehör beschäftigen. Pinsel, Farben, Base-Material, Anleitungen oder andere Hilfsmittel sind hier zuhauf erhältlich. Auch einer meiner Lieblingsdealer hat hier (meines Wissens zum ersten Mal) einen Stand. Daher nutze ich die Gelegenheit und es wandern verschiedene Kleber und Werkzeuge in den nimmervollen Rucksack.

Fleißige PinselschwingerMittlerweile geht auch dieser Tag langsam zu Ende und ich bin einer der letzten, die die Hallen verlassen und in Richtung Parkplatz schlendern. Obwohl ich den ganzen Tag kreuz und quer über die Messe gezogen bin, fühle ich mich noch erstaunlich fit. Tatsächlich so fit, dass es nach einem kurzen Abstecher ins Hotel schon bald wieder auf Tour geht. Diese führt mich zum Kulttempel, wahrscheinlich eine der bekanntesten Örtlichkeiten in Oberhausen, was Musik jenseits den Mainstream angeht. An diesem Abend findet hier eine Party mit Musik der eher düsteren Sorte statt – was mir sehr entgegenkommt. Erst gegen 2 Uhr mache ich mich, nicht mehr ganz sicher auf den Beinen, auf den Weg zurück zum Hotel.

Samstag, 5. Oktober 2024

Langsam machen sich die ersten Ermüdungserscheinungen bemerkbar, doch tapfer raffe ich mich auf und fahre wieder gen Essen. Für den heutigen Tag habe ich mir kein festes Programm vorgenommen, will aber bei einigen Verlagen vorbeischauen.

Ich komme etwas später als an den Tagen zuvor an und der Weg Richtung Parkplatz gestaltet sich problematisch. Einige Fahrer haben offensichtlich Probleme, die Ausschilderung zu lesen und glauben, dass sie mit vehementer Diskussion und unflätigen Kraftausdrücken ihre eigenen Regeln aufstellen können. Glücklicherweise lassen sich die Ordner nicht aus der Ruhe bringen und irgendwann ist die Störung beseitigt, so dass der Verkehr weiter fließen kann.

Gemütlich...

Mittels der App bahne ich mir den Weg zu verschiedenen Ausstellern, treffe Bekannte und lasse mich von den ausgestellten Spielen inspirieren. Dabei mache ich bei der Redaktion Phantastik Station, die neben ihrem Detektivrollenspiel nach mehrjähriger Wartezeit auch die deutsche Version des Steampunk-Rollspiels Wolsung präsentieren können.

Weiter geht es zu Ulisses Spiele, an deren Stand grade Ausnahmezustand herrscht. Saltatio Mortis haben sich hier zur Autogrammstunde eingefunden, um die Abenteuerbox Finsterwacht entsprechend zu feiern. So halte ich mich hier nicht länger als unbedingt nötig auf und ziehe weiter.

Der polnische Miniaturenhersteller Titan Forge hat neben vielen sehr schicken Figuren auch einen Ausblick auf ein neues Brettspiel. Dabei handelt es um das von mir sehr geschätzte Lobotomy II – einen Dungeon Crawler, bei dem die Spieler die Patienten einer Nervenheilanstalt bzw. Insassen eines Gefängnisses übernehmen. Mit der kommenden Erweiterung hält der Wahnsinn nun Einzug in unterschiedlichen Dimensionen. Ein erster Ausblick auf die Spielkomponenten macht Lust auf mehr und eine Promo-Miniatur gibts obendrauf.

Mittlerweile haben sich auch Vitrinen bei Games Workshop gefüllt. Der Tabletophersteller aus Nottingham richtet zum ersten Mal auf der SPIEL seinen prestigeträchtigen Malwettbewerb Golden Demon aus. Ich verbringe eine gefühlte Ewigkeit, mir die ausgestellten Figuren anzuschauen. Auf der einen Seite frustriert mich das Gesehene, da ich dieses Niveau selbst in meinen besten Zeiten nicht erreicht hätte. Auf der anderen Seite regt sich in mir aber wieder die Lust, den Pinsel zu schwingen und der heimischen „Pile of Shame“ zu Leibe zu rücken. Bei der Gelegenheit treffe ich gleich mehrere Bekannte, die ich schon wirklich lange nicht gesehen habe. Nach einem kurzen Shopping-Abstecher ins Innere des Standes, beeile ich mich hier wegzukommen, um nicht der Versuchung weiter nachzugeben.

ZauberhaftNachdem ich zwei Hallen durchquert habe, lässt das Konsumbedürfnis etwas nach. Als Nächstes folgt ein Abstecher bei Maxine Metzger – deren Arbeit mir bereits am Mittwoch aufgefallen war. Als Illustratorin, Autorin, Verlagsleiterin und Vertriebskraft in Personalunion hat sie zum ersten Mal einen Stand auf der Messe und stellt dort ihr Spiel Witchcraft. Thematisch kann ich damit wenig anfangen, aber mir gefallen die Zeichnungen gut – daher gehen einige Postkarten in meinen Besitz über.

Bei vielen der „großen“ Spieleverlage herrscht dichtes Gedränge, so dass ich erst gar nicht den Versuch unternehme, dort etwas anzutesten und mich mit meinen Kontakten zu treffen. Dennoch kann ich nicht bei Pegasus Spiele vorbeigehen, ohne mir die Neuheiten anzuschauen. Neben den zahlreichen Brett- und Kartenspielen sind es vor allem die Rollenspielsysteme des Verlags, die mich immer wieder reizen. Wie bereits in den vergangenen Jahren sind mehrere kleine Separees am Stand eingerichtet, in denen verschiedene Runden gespielt werden. Wie gewohnt ist die Versorgung mit Promo-Material vorbildlich: Schnellstart-Regeln, Sonderkarten und allerlei Bonusmaterial wird dem gegeben, der artig danach fragt. Vielen Dank an dieser Stelle an das nette Standpersonal.

Spielen konnte man auch

Zwischendurch erreichen mich immer wieder WhatsApp-Nachrichten, mit Dingen, die ich den Daheimgebliebenen mitbringen soll. Ich versuche, all diese Wünsche so gut es geht zu erfüllen – manchmal sind die Sachen bereits ausverkauft oder es würde schlicht meinen finanziellen Rahmen sprengen. Aber ein wenig nerdige Kleidung, beispielsweise bei Grumpy Geeks ist ebenso machbar wie Promokarten für Mischwald oder das ganz frische erschienene Miezekatze. Auch ein spontanes Geburtstagsgeschenk finde ich in einem der unzähligen Verkaufsstände.

Das Abendprogramm sieht diesmal einen Abstecher ins Westfield Centro vor. Traditionell fallen wir mit einer größeren Gruppe im Neon ein – einem griechischen Restaurant, dass nach vielen Jahren immer noch überzeugen kann. Allerdings beende ich den Abend relativ früh, da ich nicht mehr wirklich fit bin. Bereits der Absacker wirft mich ein wenig aus der Bahn und ich bin froh, als ich im Bett liege.

Sonntag, 6. Oktober 2024

Der letzte Messetag bricht an und es geht mir nicht wirklich gut. Zu Kopfschmerzen haben sich noch Rücken- und Knieprobleme und ein kratzender Hals gesellt. Dennoch schleppe ich mich tapfer auf die Messe.

Glücklicherweise sind alle Termine erledigt, die Einkaufslisten abgearbeitet und auch meine eigene Sammelwut (weitgehend) befriedigt. So bleibt mir eigentlich nur, entspannt durch die Hallen zu wandern und in abgelegene Winkel zu schauen – denn selbst am vierten Tag gibt es immer noch Neues zu entdecken. Ansonsten verbringe ich den Rest des Tages damit, Schwätzchen mit Freunden und Bekannten zu halten und mich schließlich nach und nach überall zu verabschieden.

Schon etwas älterObwohl es mir gar nicht so spät vorkommt, zeigt ein Blick auf die Uhr, dass der Nachmittag schon weit fortgeschritten ist. Mittlerweile baue ich merklich ab; die dritte Schmerztablette ist dabei auch nicht unbedingt hilfreich. Allerdings beeile ich mich nicht, mein Auto zu erreichen und schaue mir noch die eine oder andere (geplünderte) Verlagsauslage an. Tatsächlich finden doch zwei, drei Spiele, an denen ich an den Vortagen erfolgreich vorbei gekommen bin, den Weg in meinen Rucksack.

Schließlich bin ich doch froh, alles verstaut zu haben und auf den Heimweg zu machen. Das Navi zeigt weitgehend freie Fahrt und tatsächlich komme ich ungewohnt gut voran. Am frühen Abend erreiche ich dann Pfalzfeld und lege einen traditionellen Zwischenstopp am dortigen Rasthof ein. Nach der kurzen Pause fällt es mir zwar relativ schwer, mich wieder aufzuraffen, aber von dort ist es nur noch eine halbe Stunde bis zur heimischen Couch. Als ich endlich zu Hause eintreffe, bin ich ziemlich geschafft von den Strapazen der Messe und auch von der langen Heimfahrt. Ich verzichte sogar darauf, meine Beute auf dem Wohnzimmertisch auszubreiten, sondern falle fast sofort ins Bett.

Das Fazit

Natürlich stellt dieser Text nur einen klitzekleinen Ausschnitt dessen dar, was ich in viereinhalb Tage gesehen habe. Auch bei vielen anderen Verlagen, beispielsweise Kosmos, Iello, Ravensburger, Denkriesen oder moses. habe ich vorbeigeschaut. Dies würde allerdings den Rahmen dieser Nachlese deutlich sprengen. Glücklicherweise gibt es aber genug Kollegen, die sich alle auf unterschiedliche Aspekte der Messe konzentriert haben – auch dort kann man sich einen Überblick verschaffen. Für mich sind es eher die kleinen, unbekannten Verlage, die man kaum im einschlägigen Einzelhandel oder bei den Online-Händlern findet. Hier gibt es unglaublich viele lustige (Arschmallows XXL), böse (Dark Humour), obzöne (The Dick sits) oder einfach nur merkwürdige (Wurst Case Scenario) Spiele zu entdecken. Ich weiß zwar nicht, wann wir die Sachen alle spielen sollen, aber ich bemühe mich stets.

Nach der SPIEL ist vor der SPIEL

Die Veranstalter haben bei der Organisation der SPIEL, zumindest aus meiner Sicht, vieles richtig (und besser) gemacht. Die Gänge sind breiter, die Abläufe flüssig und die Atmosphäre ist deutlich entspannter – trotz des gewaltigen Menschenaufkommens. Dabei hilft es, dass kaum noch Spielewütige mit überdimensionierten Rucksäcken durch überfüllte Gänge pflügen, dass es keine Sackgassen gibt und dass generell der Standaufbau sehr vielfältig ist. Geblieben sind allerdings die Besucher die mit Bollerwagen oder umfunktionierten Kinderwagen ihre Einkäufe erledigen. Immerhin verhalten sich diese jedoch meist rücksichtsvoll.

An die Navigation mit der App habe ich mich mittlerweile gewöhnt – obwohl ich immer noch dem gedruckten Messenplan hinterher trauere. In der Hinsicht bin ich dann doch etwas altmodisch. Aber die Orientierung funktioniert richtig gut. Auch Ausstellerwechsel, Standabsagen und weitere Informationen kamen während der Veranstaltung zuverlässig auf das Handy. Die Idee mit dem Maskottchen und auch mit einem „Promi“ als eine Art Pate finde ich ebenfalls gar nicht schlecht. Dies verleiht, zumindest aus meiner Sicht, der SPIEL einen etwas persönlicheren Charakter.

Die thematische Aufteilung der verschiedenen Hallen war nicht wirklich strikt – dies hat zum einen die Suche nach bestimmten Ständen erschwert, andererseits aber auch dafür gesorgt, dass die Besucher ein wenig über ihren „Tellerrand“ hinausschauen. Generell finde ich es sehr gelungen, nicht nur Spiele, Spiele und noch mehr Spiele vorgesetzt zu bekommen. Spirituosen, Flohmarktstände, Illustratoren, ein bisschen Kunsthandwerk und verschiedenstes Zubehör runden das Angebot der Messe perfekt ab. Lediglich die Comics vermisse ich manchmal ein wenig. Ebenfalls einen guten Eindruck macht die Auswahl der Essen- und Getränkestände. Hier gibt es nicht nur Fast Food, sondern auch tatsächlich das eine oder andere (relativ) gesunde Lebensmittel.

Für mich hatte die Messe noch ein weiteres, eher unerfreuliches, Nachspiel. Der Verdacht auf eine „normale“ Erkältung bestätigte sich leider nicht. Stattdessen habe ich als Andenken eine ausgewachsene Corona-Infektion mitgebracht, die mich fast drei Wochen außer Gefecht setzt und mit deren Nachwirkungen ich auch noch lange danach zu kämpfen habe.

Laut den offiziellen Angaben des Veranstalters sind sowohl die Zahl der Aussteller (923) als auch die der Neuheiten (1.562) im Vergleich zum Vorjahr etwas zurückgegangen. Dafür wurde die Messefläche (68.500 qm) spürbar vergrößert. Zudem hat auch die Besucherzahl (204.000) hat noch einmal deutlich zugelegt.

Die Beute